Zettel: Difference between revisions

no edit summary
No edit summary
No edit summary
Line 312: Line 312:
{{ParZ|93}} Wenn ein sonst normaler Mensch unter normalen Umständen ein normales Gespräch führt, und ich gefragt würde, wie sich in so einem Falle der Denkende vom Nichtdenkenden unterschiede,——ich wüßte nicht zu antworten. Und ich könnte ''gewiß nicht'' sagen, daß der Unterschied in etwas liegt, was während des Sprechens vor sich ginge oder nicht vor sich ginge.
{{ParZ|93}} Wenn ein sonst normaler Mensch unter normalen Umständen ein normales Gespräch führt, und ich gefragt würde, wie sich in so einem Falle der Denkende vom Nichtdenkenden unterschiede,——ich wüßte nicht zu antworten. Und ich könnte ''gewiß nicht'' sagen, daß der Unterschied in etwas liegt, was während des Sprechens vor sich ginge oder nicht vor sich ginge.


{{ParZ|94}} Die Grenzlinie zwischen 'denken' und 'nicht denken', die hier gezogen würde, liefe zwischen zwei Zuständen, die sich rch nichts einem Spiel der Vorstellungen auch nur Ähnliches unterschieden. (Denn das Spiel der Vorstellungen ist ja doch das Vorbild, wonach man sich das Denken denken möchte.)
{{ParZ|94}} Die Grenzlinie zwischen 'denken' und 'nicht denken', die hier gezogen würde, liefe zwischen zwei Zuständen, die sich durch nichts einem Spiel der Vorstellungen auch nur Ähnliches unterschieden. (Denn das Spiel der Vorstellungen ist ja doch das Vorbild, wonach man sich das Denken denken möchte.)


{{ParZ|95}} Nur unter ganz speziellen Umständen tritt die Frage auf, ob denkend geredet wurde oder nicht.
{{ParZ|95}} Nur unter ganz speziellen Umständen tritt die Frage auf, ob denkend geredet wurde oder nicht.
Line 324: Line 324:
{{ParZ|99}} (Zum Sprachspiel [[Philosophische_Untersuchungen#2|No.2]]) "Du setzt eben stillschweigend schon voraus, daß diese Menschen ''denken''; daß sie in ''dieser'' Beziehung den uns bekannten Menschen gleichen; daß sie jenes Sprachspiel nicht rein mechanisch betreiben. Denn stelltest du dir vor, sie täten's, so würdest du's selbst nicht den Gebrauch einer rudimentären Sprache nennen.
{{ParZ|99}} (Zum Sprachspiel [[Philosophische_Untersuchungen#2|No.2]]) "Du setzt eben stillschweigend schon voraus, daß diese Menschen ''denken''; daß sie in ''dieser'' Beziehung den uns bekannten Menschen gleichen; daß sie jenes Sprachspiel nicht rein mechanisch betreiben. Denn stelltest du dir vor, sie täten's, so würdest du's selbst nicht den Gebrauch einer rudimentären Sprache nennen.


Was soll ich nun dem antworten? Es ist natürlich wahr, das Leben jener Menschen muß dem unsern in vieler Bezichung gleichen, und ich habe über diese Ähnlichkeiten nichts gesagt. Das Wichtige aber ist, daß ihre Sprache, wie auch ihr Denken, rudimentar sein kann, daß es ein 'primitives Denken' gibt, welches durch ein primitives ''Verhalten'' zu beschreiben ist. Die Umgebung ist nicht die 'Denkbegleitung' des Sprechens.
Was soll ich nun dem antworten? Es ist natürlich wahr, das Leben jener Menschen muß dem unsern in vieler Beziehung gleichen, und ich habe über diese Ähnlichkeiten nichts gesagt. Das Wichtige aber ist, daß ihre Sprache, wie auch ihr Denken, rudimentär sein kann, daß es ein 'primitives Denken' gibt, welches durch ein primitives ''Verhalten'' zu beschreiben ist. Die Umgebung ist nicht die 'Denkbegleitung' des Sprechens.


{{ParZ|100}} Denken wir uns, daß einer eine Arbeit verrichtet, in der es ein Vergleichen, Versuchen, Wahlen gibt. Er stellt etwa einen Gebrauchsgegenstand aus gewissen Materialstücken mit gegebenen Werkzeugen her. Immer wieder entsteht das Problem "Soll ich ''dies'' Stück dazu nehmen?"—Das Stück wird verworfen, ein anderes versucht. Stücke werden versuchsweise zusammengestellt, auseinandergenommen; es wird nach einem passenden gesucht etc., etc. Ich denke mir nun diesen ganzen Hergang gefilmt. Der Arbeitende gibt etwa auch Laute von sich, wie "hm" oder "ha!" Sozusagen Laute des Zögerns, des plötzlichen Findens, des Entschlusses, der Zufriedenheit, der Unzufriedenheit. Aber kein Wort wird geredet. Jene Laute mögen im Film aufgenommen werden. Der Film wird mir vorgeführt, und ich erfinde nun ein Selbstgespräch des Arbeitenden, welches zu seiner Arbeitsweise, dem Rhythmus seiner Arbeit, seinem Mienenspiel, seinen Gebärden und Naturlauten paßt, welches all dem entspricht. Ich lasse ihn also manchmal sagen "Nein, das Stück ist zu lang, vielleicht paßt ein anderes besser."——Oder "Was soll ich jetzt tun?"——"Ich hab's!”——Oder "Das ist ganz gut" etc.
{{ParZ|100}} Denken wir uns, daß einer eine Arbeit verrichtet, in der es ein Vergleichen, Versuchen, Wahlen gibt. Er stellt etwa einen Gebrauchsgegenstand aus gewissen Materialstücken mit gegebenen Werkzeugen her. Immer wieder entsteht das Problem "Soll ich ''dies'' Stück dazu nehmen?"—Das Stück wird verworfen, ein anderes versucht. Stücke werden versuchsweise zusammengestellt, auseinandergenommen; es wird nach einem passenden gesucht etc., etc. Ich denke mir nun diesen ganzen Hergang gefilmt. Der Arbeitende gibt etwa auch Laute von sich, wie "hm" oder "ha!" Sozusagen Laute des Zögerns, des plötzlichen Findens, des Entschlusses, der Zufriedenheit, der Unzufriedenheit. Aber kein Wort wird geredet. Jene Laute mögen im Film aufgenommen werden. Der Film wird mir vorgeführt, und ich erfinde nun ein Selbstgespräch des Arbeitenden, welches zu seiner Arbeitsweise, dem Rhythmus seiner Arbeit, seinem Mienenspiel, seinen Gebärden und Naturlauten paßt, welches all dem entspricht. Ich lasse ihn also manchmal sagen "Nein, das Stück ist zu lang, vielleicht paßt ein anderes besser."——Oder "Was soll ich jetzt tun?"——"Ich hab's!”——Oder "Das ist ganz gut" etc.


Wenn der Arbeitende reden kann,—wäre es eine Verfälschung des wirklichen Vorgangs, wenn er ihn genau beschriebe und etwa sagte: "Dann dachte ich: Nein, das geht nicht; ich muß es anders versuchen." us.w.—obwohl er während der Arbeit nicht gesprochen und sich auch diese Worte nicht vorgestellt hatte?
Wenn der Arbeitende reden kann,—wäre es eine Verfälschung des wirklichen Vorgangs, wenn er ihn genau beschriebe und etwa sagte: "Dann dachte ich: Nein, das geht nicht; ich muß es anders versuchen." u.s.w.—obwohl er während der Arbeit nicht gesprochen und sich auch diese Worte nicht vorgestellt hatte?


Ich will sagen: Kann er nicht seine wortlosen Gedanken später in Worten wiedergeben? So zwar, daß wir, die den Arbeitsvorgang sähen, mit dieser Wiedergabe einverstanden sein könnten?—Umsomehr, wenn wir den Mann nicht nur einmal, sondern öfters bei der Arbeit zugesehen hätten?
Ich will sagen: Kann er nicht seine wortlosen Gedanken später in Worten wiedergeben? So zwar, daß wir, die den Arbeitsvorgang sähen, mit dieser Wiedergabe einverstanden sein könnten?—Umsomehr, wenn wir den Mann nicht nur einmal, sondern öfters bei der Arbeit zugesehen hätten?
Line 340: Line 340:
Wir werden einen wichtigen Unterschied machen zwischen Wesen, die eine Arbeit, selbst eine komplizierte, 'mechanisch' zu verrichten lernen können und solchen, die bei der Arbeit probieren, vergleichen——Was aber "probieren" und "vergleichen" zu nennen ist, kann ich nur wieder an Beispielen erklären, und diese Beispiele werden unserm Leben oder einem, das dem unsern ähnlich ist, entnommen sein.
Wir werden einen wichtigen Unterschied machen zwischen Wesen, die eine Arbeit, selbst eine komplizierte, 'mechanisch' zu verrichten lernen können und solchen, die bei der Arbeit probieren, vergleichen——Was aber "probieren" und "vergleichen" zu nennen ist, kann ich nur wieder an Beispielen erklären, und diese Beispiele werden unserm Leben oder einem, das dem unsern ähnlich ist, entnommen sein.


{{ParZ|104}} Hat er etwa spielend oder durch Zufall eine Kombination gemacht und verwendet sie nun als Methode, das und jenes zu tun, so werden wir sagen, er denke.—Beim Überlegen würde er Mittel und Wege an seinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen. Aber dazu muß er schon welche im Vorrat haben. Das Denken gibt ihm die Möglichkeit zur ''Vervollkomnung'' seiner Methoden. Oder vielmehr: Er 'denkt', wenn er in bestimmter Art und Weise seine Methode vervollkommnet. [''Randbemerkung:'' Wie schaut denn das Forschen aus?]
{{ParZ|104}} Hat er etwa spielend oder durch Zufall eine Kombination gemacht und verwendet sie nun als Methode, das und jenes zu tun, so werden wir sagen, er denke.—Beim Überlegen würde er Mittel und Wege an seinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen. Aber dazu muß er schon welche im Vorrat haben. Das Denken gibt ihm die Möglichkeit zur ''Vervollkommnung'' seiner Methoden. Oder vielmehr: Er 'denkt', wenn er in bestimmter Art und Weise seine Methode vervollkommnet. [''Randbemerkung:'' Wie schaut denn das Forschen aus?]


{{ParZ|105}} Man könnte auch sagen: einer denkt, wenn er in bestimmter Weise ''lernt''.
{{ParZ|105}} Man könnte auch sagen: einer denkt, wenn er in bestimmter Weise ''lernt''.
Line 378: Line 378:
{{ParZ|120}} "Dieses Gesetz wurde nicht in Voraussicht solcher Fälle gegeben." Ist es darum sinnlos?
{{ParZ|120}} "Dieses Gesetz wurde nicht in Voraussicht solcher Fälle gegeben." Ist es darum sinnlos?


{{ParZ|121}} Es wäre doch sehr wohl denkbar, daß einer sich genau in einer Stadt auskennt, d. h., von jedem Ort der Stadt zu jedem andern mit Sicherheit den kürzesten Weg fande,—und dennoch ganz außer Stande wäre, einen Plan der Stadt zu zeichnen. Dab er, sobald er es versucht, nur ''gänzlich Falsches'' hervorbringt. (Unser Begriff vom 'Instinkt'.)
{{ParZ|121}} Es wäre doch sehr wohl denkbar, daß einer sich genau in einer Stadt auskennt, d. h., von jedem Ort der Stadt zu jedem andern mit Sicherheit den kürzesten Weg fände,—und dennoch ganz außer Stande wäre, einen Plan der Stadt zu zeichnen. Daß er, sobald er es versucht, nur ''gänzlich Falsches'' hervorbringt. (Unser Begriff vom 'Instinkt'.)


{{ParZ|122}} Bedenke, unsere Sprache könnte verschiedene Wörter besitzen: fürs 'laute Denken'; fürs denkende Selbstgespräch in der Vorstellung; fürs Innehalten, wobei irgend etwas uns vorschwebt, woraufhin wir aber die Antwort mit Sicherheit geben können.
{{ParZ|122}} Bedenke, unsere Sprache könnte verschiedene Wörter besitzen: fürs 'laute Denken'; fürs denkende Selbstgespräch in der Vorstellung; fürs Innehalten, wobei irgend etwas uns vorschwebt, woraufhin wir aber die Antwort mit Sicherheit geben können.


Ein Wort für den Gedanken, der im Satz ausgedrückt ist; eines für den Gedankenblitz, den ich später 'in Worte kleiden' kann, cines für das denkende Arbeiten ohne Worte.
Ein Wort für den Gedanken, der im Satz ausgedrückt ist; eines für den Gedankenblitz, den ich später 'in Worte kleiden' kann, eines für das denkende Arbeiten ohne Worte.


{{ParZ|123}} "Denken ist eine geistige Tätigkeit."——Denken ist ''keine'' körperliche Tätigkeit. Ist Denken eine Tätigkeit? Nun, man kann einem befehlen "denk darüber nach!". Wenn aber einer in Befolgung dieses Befehls zu sich selbst oder auch zum Andern spricht, verrichtet er da zwei Tätigkeiten?
{{ParZ|123}} "Denken ist eine geistige Tätigkeit."——Denken ist ''keine'' körperliche Tätigkeit. Ist Denken eine Tätigkeit? Nun, man kann einem befehlen "denk darüber nach!". Wenn aber einer in Befolgung dieses Befehls zu sich selbst oder auch zum Andern spricht, verrichtet er da zwei Tätigkeiten?
Line 394: Line 394:
{{ParZ|126}} Ist die Flamme nicht rätselhaft, weil sie ungreifbar ist? Wohl—aber warum macht sie das rätselhaft? Warum soll das Ungreifbare rätselhafter sein, als das Greifbare? Außer, weil wir es greifen ''wollen''.—
{{ParZ|126}} Ist die Flamme nicht rätselhaft, weil sie ungreifbar ist? Wohl—aber warum macht sie das rätselhaft? Warum soll das Ungreifbare rätselhafter sein, als das Greifbare? Außer, weil wir es greifen ''wollen''.—


{{ParZ|127}} Man sagt, die Seele ''verläßt'' den Körper. Um ihr dann aber jede Ähnlichkeit mit dem Körper zu nehmen, und damit man beileibe nicht denkt, es sei irgend ein gasförmiges Ding gemeint, sagt man, die Seele ist unkörperlich, unräumlich; aber mit dem Worte "verläßt" hat man schon alles gesagt. Zeige mir, wie du das Wort "seelisch" gebrauchst, und ich werde schen, ob die Seele "unkörperlich" ist, und was du unter "Geist" verstehst.
{{ParZ|127}} Man sagt, die Seele ''verläßt'' den Körper. Um ihr dann aber jede Ähnlichkeit mit dem Körper zu nehmen, und damit man beileibe nicht denkt, es sei irgend ein gasförmiges Ding gemeint, sagt man, die Seele ist unkörperlich, unräumlich; aber mit dem Worte "verläßt" hat man schon alles gesagt. Zeige mir, wie du das Wort "seelisch" gebrauchst, und ich werde sehen, ob die Seele "unkörperlich" ist, und was du unter "Geist" verstehst.


{{ParZ|128}} Ich bin geneigt, vom Leblosen zu reden als von einem, dem etwas abgeht. Ich sehe das Leben unbedingt als ein Plus an, als etwas dem Leblosen Hinzugefügtes. (Psychologische Atmosphäre.)
{{ParZ|128}} Ich bin geneigt, vom Leblosen zu reden als von einem, dem etwas abgeht. Ich sehe das Leben unbedingt als ein Plus an, als etwas dem Leblosen Hinzugefügtes. (Psychologische Atmosphäre.)
Line 416: Line 416:
"Er ist abgereist.”—"Warum?"—Was meintest du, als du das Wort "warum" aussprachst? Woran ''dachtest'' du?
"Er ist abgereist.”—"Warum?"—Was meintest du, als du das Wort "warum" aussprachst? Woran ''dachtest'' du?


{{ParZ|136}} Denk ans Aufzeigen in der Schule. Muß einer sich die Antwort im Stillen vorgesagt haben, um mit Recht aufzeigen zu konnen? Und ''was'' muß in ihm dazu vorgegangen sein?—Nichts. Aber es ist wichtig, daß er für gewöhnlich eine Antwort wisse, wenn er aufzeigt; und das ist das Kriterium dafür, daß er das Aufzeigen ''versteht''.
{{ParZ|136}} Denk ans Aufzeigen in der Schule. Muß einer sich die Antwort im Stillen vorgesagt haben, um mit Recht aufzeigen zu können? Und ''was'' muß in ihm dazu vorgegangen sein?—Nichts. Aber es ist wichtig, daß er für gewöhnlich eine Antwort wisse, wenn er aufzeigt; und das ist das Kriterium dafür, daß er das Aufzeigen ''versteht''.


Es muß nichts in ihm vorgegangen sein; und doch wäre der merkwürdig, der in so einem Falle nie etwas über innere Vorgänge zu berichten wüßte.
Es muß nichts in ihm vorgegangen sein; und doch wäre der merkwürdig, der in so einem Falle nie etwas über innere Vorgänge zu berichten wüßte.
Line 428: Line 428:
{{ParZ|140}} Man will etwa sagen: "Die eine Verneinung ''tut'' dasselbe mit dem Satz, wie die andere, sie schließt, was er beschreibt, aus." Aber das sind nur andere Worte für eine Gleichsetzung der beiden negativen Sätze (welche nur gilt, wenn der verneinte Satz nicht selbst ein negativer Satz ist). Immer wieder der Gedanke, daß, was wir vom Zeichen sehen, nur eine Außenseite zu einem Innern ist, worin sich die eigentlichen Operationen des Sinnes und der Bedeutung abspielen.
{{ParZ|140}} Man will etwa sagen: "Die eine Verneinung ''tut'' dasselbe mit dem Satz, wie die andere, sie schließt, was er beschreibt, aus." Aber das sind nur andere Worte für eine Gleichsetzung der beiden negativen Sätze (welche nur gilt, wenn der verneinte Satz nicht selbst ein negativer Satz ist). Immer wieder der Gedanke, daß, was wir vom Zeichen sehen, nur eine Außenseite zu einem Innern ist, worin sich die eigentlichen Operationen des Sinnes und der Bedeutung abspielen.


{{ParZ|141}} Unser Problem könnte man (sehr klar) so stellen: Angenommen, wir hätten zwei Systeme der Längenmessung: eine Länge wird in beiden durch ein Zahlzeichen ausgedrückt, diesem folgt ein Wort, das das Maß angibt. Das eine System bezeichnet eine Länge als "n Fuß", und Fuß ist eine Längeneinheit im gewöhnlichen Sinne; im andern System wird eine Länge mit "n W” bezeichnet und 1 Fuß = 1 W. Aber 2 W = 4 Fuß, 3 W = 9 Fuß us.w.—Also heißt der Satz "Dieser Stock ist 1 W lang" dasselbe wie "Dieser Stock ist 1 Fuß lang". Frage: Hat in diesen beiden Sätzen "W" und "Fuß" dieselbe Bedeutung?
{{ParZ|141}} Unser Problem könnte man (sehr klar) so stellen: Angenommen, wir hätten zwei Systeme der Längenmessung: eine Länge wird in beiden durch ein Zahlzeichen ausgedrückt, diesem folgt ein Wort, das das Maß angibt. Das eine System bezeichnet eine Länge als "n Fuß", und Fuß ist eine Längeneinheit im gewöhnlichen Sinne; im andern System wird eine Länge mit "n W” bezeichnet und 1 Fuß = 1 W. Aber 2 W = 4 Fuß, 3 W = 9 Fuß u.s.w.—Also heißt der Satz "Dieser Stock ist 1 W lang" dasselbe wie "Dieser Stock ist 1 Fuß lang". Frage: Hat in diesen beiden Sätzen "W" und "Fuß" dieselbe Bedeutung?


{{ParZ|142}} Die Frage ist falsch gestellt. Das sieht man, wenn wir die Bedeutungsgleichheit durch eine Gleichung ausdrücken. Die Frage kann nur lauten: "Ist W = Fuß oder nicht?"—Von den Sätzen, in denen diese Zeichen stehen, ist hier nicht die Rede.—Ebenso wenig kann man natürlich in dieser Terminologie fragen, ob "ist" hier das Gleiche bedeutet, wie "ist" dort; wohl aber, ob die Kopula das Gleiche bedeutet, wie das Gleichheitszeichen. Nun, wir sagten ja: 1 Fuß = 1 W; aber Fuß ≠ W.
{{ParZ|142}} Die Frage ist falsch gestellt. Das sieht man, wenn wir die Bedeutungsgleichheit durch eine Gleichung ausdrücken. Die Frage kann nur lauten: "Ist W = Fuß oder nicht?"—Von den Sätzen, in denen diese Zeichen stehen, ist hier nicht die Rede.—Ebenso wenig kann man natürlich in dieser Terminologie fragen, ob "ist" hier das Gleiche bedeutet, wie "ist" dort; wohl aber, ob die Kopula das Gleiche bedeutet, wie das Gleichheitszeichen. Nun, wir sagten ja: 1 Fuß = 1 W; aber Fuß ≠ W.
Line 478: Line 478:
{{ParZ|158}} Wenn dir plötzlich ein Thema, eine Wendung etwas sagt, so brauchst du dir's nicht erklären zu können. Es ist dir plötzlich auch ''diese'' Geste zugänglich.
{{ParZ|158}} Wenn dir plötzlich ein Thema, eine Wendung etwas sagt, so brauchst du dir's nicht erklären zu können. Es ist dir plötzlich auch ''diese'' Geste zugänglich.


{{ParZ|159}} Du redest doch vom ''Versteben'' der Musik. Du verstehst sie doch, ''während'' du sie hörst! Sollen wir davon sagen, es sei ein Erlebnis, welches das Hören begleite?
{{ParZ|159}} Du redest doch vom ''Verstehen'' der Musik. Du verstehst sie doch, ''während'' du sie hörst! Sollen wir davon sagen, es sei ein Erlebnis, welches das Hören begleite?


{{ParZ|160}} Das Sprechen der Musik. Vergiß nicht, daß ein Gedicht, wenn auch in der Sprache der Mitteilung abgefaßt, nicht im Sprachspiel der Mitteilung verwendet wird.
{{ParZ|160}} Das Sprechen der Musik. Vergiß nicht, daß ein Gedicht, wenn auch in der Sprache der Mitteilung abgefaßt, nicht im Sprachspiel der Mitteilung verwendet wird.