Logisch-philosophische Abhandlung: Difference between revisions

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<div style="width: 60%; margin-right: auto; margin-left: auto;">{{nowrap|M o t t o:}} . . . und alles, was man weiss, nicht bloss rauschen und brausen gehört hat, lässt sich in drei Worten sagen.
<div style="width: 60%; margin-right: auto; margin-left: auto;">{{spaced|Motto:}} . . . und alles, was man weiss, nicht bloss rauschen und brausen gehört hat, lässt sich in drei Worten sagen.


<p style="text-align: right; font-variant: small-caps;">Kürnberger.</p></div>
<p style="text-align: right; font-variant: small-caps;">Kürnberger.</p></div>
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Wenn diese Arbeit einen Wert hat, so besteht er in Zweierlei. Erstens darin, dass in ihr Gedanken ausgedrückt sind, und dieser Wert wird umso grösser sein, je besser die Gedanken ausgedrückt sind. Je mehr der Nagel auf den Kopf getroffen ist. – Hier bin ich mir bewusst, weit hinter dem Möglichen zurückgeblieben zu sein. Einfach darum, weil meine Kraft zur Bewältigung der Aufgabe zu gering ist. – Mögen andere kommen und es besser machen.
Wenn diese Arbeit einen Wert hat, so besteht er in Zweierlei. Erstens darin, dass in ihr Gedanken ausgedrückt sind, und dieser Wert wird umso grösser sein, je besser die Gedanken ausgedrückt sind. Je mehr der Nagel auf den Kopf getroffen ist. – Hier bin ich mir bewusst, weit hinter dem Möglichen zurückgeblieben zu sein. Einfach darum, weil meine Kraft zur Bewältigung der Aufgabe zu gering ist. – Mögen andere kommen und es besser machen.


Dagegen scheint mir die {{nowrap|W a h r h e i t}} der hier mitgeteilten Gedanken unantastbar und definitiv. Ich bin also der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben. Und wenn ich mich hierin nicht irre, so besteht nun der Wert dieser Arbeit zweitens darin, dass sie zeigt, wie wenig damit getan ist, dass diese Probleme gelöst sind.
Dagegen scheint mir die {{spaced text|Wahrheit}} der hier mitgeteilten Gedanken unantastbar und definitiv. Ich bin also der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben. Und wenn ich mich hierin nicht irre, so besteht nun der Wert dieser Arbeit zweitens darin, dass sie zeigt, wie wenig damit getan ist, dass diese Probleme gelöst sind.


<p style="text-align: right;">L. W.</p>
<p style="text-align: right;">L. W.</p>
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{{ParTLPde|1.1}} Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.
{{ParTLPde|1.1}} Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.


{{ParTLPde|1.11}} Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es {{nowrap|a l l e}} Tatsachen sind.
{{ParTLPde|1.11}} Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es {{spaced text|alle}} Tatsachen sind.


{{ParTLPde|1.12}} Denn, die Gesamtheit der Tatsachen bestimmt, was der Fall ist und auch, was alles nicht der Fall ist.
{{ParTLPde|1.12}} Denn, die Gesamtheit der Tatsachen bestimmt, was der Fall ist und auch, was alles nicht der Fall ist.
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{{ParTLPde|2.011}} Es ist dem Ding wesentlich, der Bestandteil eines Sachverhaltes sein zu können.
{{ParTLPde|2.011}} Es ist dem Ding wesentlich, der Bestandteil eines Sachverhaltes sein zu können.


{{ParTLPde|2.012}} In der Logik ist nichts zufällig: Wenn das Ding im Sachverhalt vorkommen {{nowrap|k a n n}}, so muss die Möglichkeit des Sachverhaltes im Ding bereits präjudiziert sein.
{{ParTLPde|2.012}} In der Logik ist nichts zufällig: Wenn das Ding im Sachverhalt vorkommen {{spaced text|kann}}, so muss die Möglichkeit des Sachverhaltes im Ding bereits präjudiziert sein.


{{ParTLPde|2.0121}} Es erschiene gleichsam als Zufall, wenn dem Ding, das allein für sich bestehen könnte, nachträglich eine Sachlage passen würde.
{{ParTLPde|2.0121}} Es erschiene gleichsam als Zufall, wenn dem Ding, das allein für sich bestehen könnte, nachträglich eine Sachlage passen würde.
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(Etwas Logisches kann nicht nur-möglich sein. Die Logik handelt von jeder Möglichkeit und alle Möglichkeiten sind ihre Tatsachen.)
(Etwas Logisches kann nicht nur-möglich sein. Die Logik handelt von jeder Möglichkeit und alle Möglichkeiten sind ihre Tatsachen.)


Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht ausserhalb des Raumes, zeitliche nicht ausserhalb der Zeit denken können, so können wir uns {{nowrap|k e i n e n}} Gegenstand ausserhalb der Möglichkeit seiner Verbindung mit anderen denken.
Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht ausserhalb des Raumes, zeitliche nicht ausserhalb der Zeit denken können, so können wir uns {{spaced text|keinen}} Gegenstand ausserhalb der Möglichkeit seiner Verbindung mit anderen denken.


Wenn ich mir den Gegenstand im Verbande des Sachverhalts denken kann, so kann ich ihn nicht ausserhalb der {{nowrap|M ö g l i c h k e i t}} dieses Verbandes denken.
Wenn ich mir den Gegenstand im Verbande des Sachverhalts denken kann, so kann ich ihn nicht ausserhalb der {{spaced text|Möglichkeit}} dieses Verbandes denken.


{{ParTLPde|2.0122}} Das Ding ist selbständig, insofern es in allen {{nowrap|m ö g l i c h e n}} Sachlagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der Unselbständigkeit. (Es ist unmöglich, dass Worte in zwei verschiedenen Weisen auftreten, allein und im Satz.)
{{ParTLPde|2.0122}} Das Ding ist selbständig, insofern es in allen {{spaced text|möglichen}} Sachlagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der Unselbständigkeit. (Es ist unmöglich, dass Worte in zwei verschiedenen Weisen auftreten, allein und im Satz.)


{{ParTLPde|2.0123}} Wenn ich den Gegenstand kenne, so kenne ich auch sämtliche Möglichkeiten seines Vorkommens in Sachverhalten.
{{ParTLPde|2.0123}} Wenn ich den Gegenstand kenne, so kenne ich auch sämtliche Möglichkeiten seines Vorkommens in Sachverhalten.
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{{ParTLPde|2.01231}} Um einen Gegenstand zu kennen, muss ich zwar nicht seine externen – aber ich muss alle seine internen Eigenschaften kennen.
{{ParTLPde|2.01231}} Um einen Gegenstand zu kennen, muss ich zwar nicht seine externen – aber ich muss alle seine internen Eigenschaften kennen.


{{ParTLPde|2.0124}} Sind alle Gegenstände gegeben, so sind damit auch alle {{nowrap|m ö g l i c h e n}} Sachverhalte gegeben.
{{ParTLPde|2.0124}} Sind alle Gegenstände gegeben, so sind damit auch alle {{spaced text|möglichen}} Sachverhalte gegeben.


{{ParTLPde|2.013}} Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raume möglicher Sachverhalte. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne den Raum.
{{ParTLPde|2.013}} Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raume möglicher Sachverhalte. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne den Raum.
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{{ParTLPde|2.0131}} Der räumliche Gegenstand muss im unendlichen Raume liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.)
{{ParTLPde|2.0131}} Der räumliche Gegenstand muss im unendlichen Raume liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.)


Der Fleck im Gesichtsfeld muss zwar nicht rot sein, aber eine Farbe muss er haben: er hat sozusagen den Farbenraum um sich. Der Ton muss {{nowrap|e i n e}} Höhe haben, der Gegenstand des Tastsinnes {{nowrap|e i n e}} Härte usw.  
Der Fleck im Gesichtsfeld muss zwar nicht rot sein, aber eine Farbe muss er haben: er hat sozusagen den Farbenraum um sich. Der Ton muss {{spaced text|eine}} Höhe haben, der Gegenstand des Tastsinnes {{spaced text|eine}} Härte u. s. w.  


{{ParTLPde|2.014}} Die Gegenstände enthalten die Möglichkeit aller Sachlagen.
{{ParTLPde|2.014}} Die Gegenstände enthalten die Möglichkeit aller Sachlagen.
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{{ParTLPde|2.023}} Diese feste Form besteht eben aus den Gegenständen.
{{ParTLPde|2.023}} Diese feste Form besteht eben aus den Gegenständen.


{{ParTLPde|2.0231}} Die Substanz der Welt {{nowrap|k a n n}} nur eine Form und keine materiellen Eigenschaften bestimmen. Denn diese werden erst durch die Sätze dargestellt – erst durch die Konfiguration der Gegenstände gebildet.
{{ParTLPde|2.0231}} Die Substanz der Welt {{spaced text|kann}} nur eine Form und keine materiellen Eigenschaften bestimmen. Denn diese werden erst durch die Sätze dargestellt – erst durch die Konfiguration der Gegenstände gebildet.


{{ParTLPde|2.0232}} Beiläufig gesprochen: Die Gegenstände sind farblos.
{{ParTLPde|2.0232}} Beiläufig gesprochen: Die Gegenstände sind farblos.
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{{ParTLPde|2.151}} Die Form der Abbildung ist die Möglichkeit, dass sich die Dinge so zu einander verhalten, wie die Elemente des Bildes.
{{ParTLPde|2.151}} Die Form der Abbildung ist die Möglichkeit, dass sich die Dinge so zu einander verhalten, wie die Elemente des Bildes.


{{ParTLPde|2.1511}} Das Bild ist {{nowrap|s o}} mit der Wirklichkeit verknüpft; es reicht bis zu ihr.
{{ParTLPde|2.1511}} Das Bild ist {{spaced text|so}} mit der Wirklichkeit verknüpft; es reicht bis zu ihr.


{{ParTLPde|2.1512}} Es ist wie ein Massstab an die Wirklichkeit angelegt.
{{ParTLPde|2.1512}} Es ist wie ein Massstab an die Wirklichkeit angelegt.


{{ParTLPde|2.15121}} Nur die äussersten Punkte der Teilstriche {{nowrap|b e r ü h r e n}} den zu messenden Gegenstand.
{{ParTLPde|2.15121}} Nur die äussersten Punkte der Teilstriche {{spaced text|berühren}} den zu messenden Gegenstand.


{{ParTLPde|2.1513}} Nach dieser Auffassung gehört also zum Bilde auch noch die abbildende Beziehung, die es zum Bild macht.
{{ParTLPde|2.1513}} Nach dieser Auffassung gehört also zum Bilde auch noch die abbildende Beziehung, die es zum Bild macht.
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{{ParTLPde|2.181}} Ist die Form der Abbildung die logische Form, so heisst das Bild das logische Bild.
{{ParTLPde|2.181}} Ist die Form der Abbildung die logische Form, so heisst das Bild das logische Bild.


{{ParTLPde|2.182}} Jedes Bild ist {{nowrap|a u c h}} ein logisches. (Dagegen ist z. B. nicht jedes Bild ein räumliches.)
{{ParTLPde|2.182}} Jedes Bild ist {{spaced text|auch}} ein logisches. (Dagegen ist z. B. nicht jedes Bild ein räumliches.)


{{ParTLPde|2.19}} Das logische Bild kann die Welt abbilden.
{{ParTLPde|2.19}} Das logische Bild kann die Welt abbilden.
Line 260: Line 260:
{{ParTLPde|3.03}} Wir können nichts Unlogisches denken, weil wir sonst unlogisch denken müssten.
{{ParTLPde|3.03}} Wir können nichts Unlogisches denken, weil wir sonst unlogisch denken müssten.


{{ParTLPde|3.031}} Man sagte einmal, dass Gott alles schaffen könne, nur nichts, was den logischen Gesetzen zuwider wäre. – Wir könnten nämlich von einer „unlogischen“ Welt nicht {{nowrap|s a g e n}}, wie sie aussähe.
{{ParTLPde|3.031}} Man sagte einmal, dass Gott alles schaffen könne, nur nichts, was den logischen Gesetzen zuwider wäre. – Wir könnten nämlich von einer „unlogischen“ Welt nicht {{spaced text|sagen}}, wie sie aussähe.


{{ParTLPde|3.032}} Etwas „der Logik widersprechendes“ in der Sprache darstellen, kann man ebensowenig, wie in der Geometrie eine den Gesetzen des Raumes widersprechende Figur durch ihre Koordinaten darstellen; oder die Koordinaten eines Punktes angeben, welcher nicht existiert.
{{ParTLPde|3.032}} Etwas „der Logik widersprechendes“ in der Sprache darstellen, kann man ebensowenig, wie in der Geometrie eine den Gesetzen des Raumes widersprechende Figur durch ihre Koordinaten darstellen; oder die Koordinaten eines Punktes angeben, welcher nicht existiert.
Line 308: Line 308:
Die gegenseitige räumliche Lage dieser Dinge drückt dann den Sinn des Satzes aus.  
Die gegenseitige räumliche Lage dieser Dinge drückt dann den Sinn des Satzes aus.  


{{ParTLPde|3.1432}} Nicht: „Das komplexe Zeichen ‚''aRb''‘ sagt, dass ''a'' in der Beziehung ''R'' zu ''b'' steht“, sondern: {{nowrap|D a s s}} „''a''“ in einer gewissen Beziehung zu „''b''“ steht, sagt, {{nowrap|d a s s}} ''aRb''.
{{ParTLPde|3.1432}} Nicht: „Das komplexe Zeichen ‚''aRb''‘ sagt, dass ''a'' in der Beziehung ''R'' zu ''b'' steht“, sondern: {{spaced text|Dass}} „''a''“ in einer gewissen Beziehung zu „''b''“ steht, sagt, {{spaced text|dass}} ''aRb''.


{{ParTLPde|3.144}} Sachlagen kann man beschreiben, nicht {{nowrap|b e n e n n e n}}.
{{ParTLPde|3.144}} Sachlagen kann man beschreiben, nicht {{spaced text|benennen}}.


(Namen gleichen Punkten, Sätze Pfeilen, sie haben Sinn.)
(Namen gleichen Punkten, Sätze Pfeilen, sie haben Sinn.)
Line 326: Line 326:
{{ParTLPde|3.22}} Der Name vertritt im Satz den Gegenstand.
{{ParTLPde|3.22}} Der Name vertritt im Satz den Gegenstand.


{{ParTLPde|3.221}} Die Gegenstände kann ich nur {{nowrap|n e n n e n}}. Zeichen vertreten sie. Ich kann nur {{nowrap|v o n}} ihnen sprechen, {{nowrap|s i e}}&nbsp; {{nowrap|a u s s p r e c h e n}} kann ich nicht. Ein Satz kann nur sagen, {{nowrap|w i e}} ein Ding ist, nicht {{nowrap|w a s}} es ist.
{{ParTLPde|3.221}} Die Gegenstände kann ich nur {{spaced text|nennen}}. Zeichen vertreten sie. Ich kann nur {{spaced text|von}} ihnen sprechen, {{spaced text|sie}}&nbsp; {{spaced text|aussprechen}} kann ich nicht. Ein Satz kann nur sagen, {{spaced text|wie}} ein Ding ist, nicht {{spaced text|was}} es ist.


{{ParTLPde|3.23}} Die Forderung der Möglichkeit der einfachen Zeichen ist die Forderung der Bestimmtheit des Sinnes.
{{ParTLPde|3.23}} Die Forderung der Möglichkeit der einfachen Zeichen ist die Forderung der Bestimmtheit des Sinnes.
Line 334: Line 334:
Der Komplex kann nur durch seine Beschreibung gegeben sein, und diese wird stimmen oder nicht stimmen. Der Satz, in welchem von einem Komplex die Rede ist, wird, wenn dieser nicht existiert, nicht unsinnig, sondern einfach falsch sein.
Der Komplex kann nur durch seine Beschreibung gegeben sein, und diese wird stimmen oder nicht stimmen. Der Satz, in welchem von einem Komplex die Rede ist, wird, wenn dieser nicht existiert, nicht unsinnig, sondern einfach falsch sein.


Dass ein Satzelement einen Komplex bezeichnet, kann man aus einer Unbestimmtheit in den Sätzen sehen, worin es vorkommt. Wir {{nowrap|w i s s e n}}, durch diesen Satz ist noch nicht alles bestimmt. (Die Allgemeinheitsbezeichnung {{nowrap|e n t h ä l t}} ja ein Urbild.)
Dass ein Satzelement einen Komplex bezeichnet, kann man aus einer Unbestimmtheit in den Sätzen sehen, worin es vorkommt. Wir {{spaced text|wissen}}, durch diesen Satz ist noch nicht alles bestimmt. (Die Allgemeinheitsbezeichnung {{spaced text|enthält}} ja ein Urbild.)


Die Zusammenfassung des Symbols eines Komplexes in ein einfaches Symbol kann durch eine Definition ausgedrückt werden.
Die Zusammenfassung des Symbols eines Komplexes in ein einfaches Symbol kann durch eine Definition ausgedrückt werden.
Line 344: Line 344:
{{ParTLPde|3.26}} Der Name ist durch keine Definition weiter zu zergliedern: er ist ein Urzeichen.
{{ParTLPde|3.26}} Der Name ist durch keine Definition weiter zu zergliedern: er ist ein Urzeichen.


{{ParTLPde|3.261}} Jedes definierte Zeichen bezeichnet {{nowrap|ü b e r}} jene Zeichen, durch welche es definiert wurde; und die Definitionen weisen den Weg.
{{ParTLPde|3.261}} Jedes definierte Zeichen bezeichnet {{spaced text|über}} jene Zeichen, durch welche es definiert wurde; und die Definitionen weisen den Weg.


Zwei Zeichen, ein Urzeichen, und ein durch Urzeichen definiertes, können nicht auf dieselbe Art und Weise bezeichnen. Namen {{nowrap|k a n n}} man nicht durch Definitionen auseinanderlegen. (Kein Zeichen, welches allein, selbständig eine Bedeutung hat.)
Zwei Zeichen, ein Urzeichen, und ein durch Urzeichen definiertes, können nicht auf dieselbe Art und Weise bezeichnen. Namen {{spaced text|kann}} man nicht durch Definitionen auseinanderlegen. (Kein Zeichen, welches allein, selbständig eine Bedeutung hat.)


{{ParTLPde|3.262}} Was in den Zeichen nicht zum Ausdruck kommt, das zeigt ihre Anwendung. Was die Zeichen verschlucken, das spricht ihre Anwendung aus.
{{ParTLPde|3.262}} Was in den Zeichen nicht zum Ausdruck kommt, das zeigt ihre Anwendung. Was die Zeichen verschlucken, das spricht ihre Anwendung aus.
Line 366: Line 366:
{{ParTLPde|3.312}} Er wird also dargestellt durch die allgemeine Form der Sätze, die er charakterisiert.
{{ParTLPde|3.312}} Er wird also dargestellt durch die allgemeine Form der Sätze, die er charakterisiert.


Und zwar wird in dieser Form der Ausdruck {{nowrap|k o n s t a n t}} und alles übrige {{nowrap|v a r i a b e l}} sein.
Und zwar wird in dieser Form der Ausdruck {{spaced text|konstant}} und alles übrige {{spaced text|variabel}} sein.


{{ParTLPde|3.313}} Der Ausdruck wird also durch eine Variable dargestellt, deren Werte die Sätze sind, die den Ausdruck enthalten.
{{ParTLPde|3.313}} Der Ausdruck wird also durch eine Variable dargestellt, deren Werte die Sätze sind, die den Ausdruck enthalten.
Line 382: Line 382:
{{ParTLPde|3.316}} Welche Werte die Satzvariable annehmen darf, wird festgesetzt.
{{ParTLPde|3.316}} Welche Werte die Satzvariable annehmen darf, wird festgesetzt.


Die Festsetzung der Werte {{nowrap|i s t}} die Variable.
Die Festsetzung der Werte {{spaced text|ist}} die Variable.


{{ParTLPde|3.317}} Die Festsetzung der Werte der Satzvariablen ist die {{nowrap|A n g a b e}}&nbsp; {{nowrap|d e r}}&nbsp; {{nowrap|S ä t z e}}, deren gemeinsames Merkmal die Variable ist.
{{ParTLPde|3.317}} Die Festsetzung der Werte der Satzvariablen ist die {{spaced text|Angabe}}&nbsp; {{spaced text|der}}&nbsp; {{spaced text|Sätze}}, deren gemeinsames Merkmal die Variable ist.


Die Festsetzung ist eine Beschreibung dieser Sätze.
Die Festsetzung ist eine Beschreibung dieser Sätze.
Line 390: Line 390:
Die Festsetzung wird also nur von Symbolen, nicht von deren Bedeutung handeln.
Die Festsetzung wird also nur von Symbolen, nicht von deren Bedeutung handeln.


Und {{nowrap|n u r}} dies ist der Festsetzung wesentlich, {{nowrap|d a s s}}&nbsp; {{nowrap|s i e}}&nbsp; {{nowrap|n u r}}&nbsp; {{nowrap|e i n e}}&nbsp; {{nowrap|B e s c h r e i b u n g}}&nbsp; {{nowrap|v o n}}&nbsp; {{nowrap|S y m b o l e n}}&nbsp; {{nowrap|i s t}}&nbsp; {{nowrap|u n d}}&nbsp; {{nowrap|n i c h t s}}&nbsp; {{nowrap|ü b e r}}&nbsp; {{nowrap|d a s}}&nbsp; {{nowrap|B e z e i c h n e t e}}&nbsp; {{nowrap|a u s s a g t}}.
Und {{spaced text|nur}} dies ist der Festsetzung wesentlich, {{spaced text|dass}}&nbsp; {{spaced text|sie}}&nbsp; {{spaced text|nur}}&nbsp; {{spaced text|eine}}&nbsp; {{spaced text|Beschreibung}}&nbsp; {{spaced text|von}}&nbsp; {{spaced text|Symbolen}}&nbsp; {{spaced text|ist}}&nbsp; {{spaced text|und}}&nbsp; {{spaced text|nichts}}&nbsp; {{spaced text|über}}&nbsp; {{spaced text|das}}&nbsp; {{spaced text|Bezeichnete}}&nbsp; {{spaced text|aussagt}}.


Wie die Beschreibung der Sätze geschieht, ist unwesentlich.
Wie die Beschreibung der Sätze geschieht, ist unwesentlich.
Line 400: Line 400:
{{ParTLPde|3.321}} Zwei verschiedene Symbole können also das Zeichen (Schriftzeichen oder Lautzeichen etc.) miteinander gemein haben – sie bezeichnen dann auf verschiedene Art und Weise.
{{ParTLPde|3.321}} Zwei verschiedene Symbole können also das Zeichen (Schriftzeichen oder Lautzeichen etc.) miteinander gemein haben – sie bezeichnen dann auf verschiedene Art und Weise.


{{ParTLPde|3.322}} Es kann nie das gemeinsame Merkmal zweier Gegenstände anzeigen, dass wir sie mit demselben Zeichen, aber durch zwei verschiedene {{nowrap|B e z e i c h n u n g s w e i s e n}} bezeichnen. Denn das Zeichen ist ja willkürlich. Man könnte also auch zwei verschiedene Zeichen wählen, und wo bliebe dann das Gemeinsame in der Bezeichnung.
{{ParTLPde|3.322}} Es kann nie das gemeinsame Merkmal zweier Gegenstände anzeigen, dass wir sie mit demselben Zeichen, aber durch zwei verschiedene {{spaced text|Bezeichnungsweisen}} bezeichnen. Denn das Zeichen ist ja willkürlich. Man könnte also auch zwei verschiedene Zeichen wählen, und wo bliebe dann das Gemeinsame in der Bezeichnung.


{{ParTLPde|3.323}} In der Umgangssprache kommt es ungemein häufig vor, dass dasselbe Wort auf verschiedene Art und Weise bezeichnet – also verschiedenen Symbolen angehört –, oder, dass zwei Wörter, die auf verschiedene Art und Weise bezeichnen, äusserlich in der gleichen Weise im Satze angewandt werden.
{{ParTLPde|3.323}} In der Umgangssprache kommt es ungemein häufig vor, dass dasselbe Wort auf verschiedene Art und Weise bezeichnet – also verschiedenen Symbolen angehört –, oder, dass zwei Wörter, die auf verschiedene Art und Weise bezeichnen, äusserlich in der gleichen Weise im Satze angewandt werden.


So erscheint das Wort „ist“ als Kopula, als Gleichheitszeichen und als Ausdruck der Existenz; „existieren“ als intransitives Zeitwort wie „gehen“; „identisch“ als Eigenschaftswort; wir reden von {{nowrap|E t w a s}}, aber auch davon, dass {{nowrap|e t w a s}} geschieht.
So erscheint das Wort „ist“ als Kopula, als Gleichheitszeichen und als Ausdruck der Existenz; „existieren“ als intransitives Zeitwort wie „gehen“; „identisch“ als Eigenschaftswort; wir reden von {{spaced text|Etwas}}, aber auch davon, dass {{spaced text|etwas}} geschieht.


(Im Satze „Grün ist grün“ – wo das erste Wort ein Personenname, das letzte ein Eigenschaftswort ist – haben diese Worte nicht einfach verschiedene Bedeutung, sondern es sind {{nowrap|v e r s c h i e d e n e}}&nbsp; {{nowrap|S y m b o l e}}.)
(Im Satze „Grün ist grün“ – wo das erste Wort ein Personenname, das letzte ein Eigenschaftswort ist – haben diese Worte nicht einfach verschiedene Bedeutung, sondern es sind {{spaced text|verschiedene}}&nbsp; {{spaced text|Symbole}}.)


{{ParTLPde|3.324}} So entstehen leicht die fundamentalsten Verwechslungen (deren die ganze Philosophie voll ist).
{{ParTLPde|3.324}} So entstehen leicht die fundamentalsten Verwechslungen (deren die ganze Philosophie voll ist).


{{ParTLPde|3.325}} Um diesen Irrtümern zu entgehen, müssen wir eine Zeichensprache verwenden, welche sie ausschliesst, indem sie nicht das gleiche Zeichen in verschiedenen Symbolen, und Zeichen, welche auf verschiedene Art bezeichnen, nicht äusserlich auf die gleiche Art verwendet. Eine Zeichensprache also, die der {{nowrap|l o g i s c h e n}} Grammatik – der logischen Syntax – gehorcht.
{{ParTLPde|3.325}} Um diesen Irrtümern zu entgehen, müssen wir eine Zeichensprache verwenden, welche sie ausschliesst, indem sie nicht das gleiche Zeichen in verschiedenen Symbolen, und Zeichen, welche auf verschiedene Art bezeichnen, nicht äusserlich auf die gleiche Art verwendet. Eine Zeichensprache also, die der {{spaced text|logischen}} Grammatik – der logischen Syntax – gehorcht.


(Die Begriffsschrift Frege’s und Russell’s ist eine solche Sprache, die allerdings noch nicht alle Fehler ausschliesst.)
(Die Begriffsschrift Frege’s und Russell’s ist eine solche Sprache, die allerdings noch nicht alle Fehler ausschliesst.)
Line 418: Line 418:
{{ParTLPde|3.327}} Das Zeichen bestimmt erst mit seiner logisch-syntaktischen Verwendung zusammen eine logische Form.
{{ParTLPde|3.327}} Das Zeichen bestimmt erst mit seiner logisch-syntaktischen Verwendung zusammen eine logische Form.


{{ParTLPde|3.328}} Wird ein Zeichen {{nowrap|n i c h t}}&nbsp; {{nowrap|g e b r a u c h t}}, so ist es bedeutungslos. Das ist der Sinn der Devise Occams.
{{ParTLPde|3.328}} Wird ein Zeichen {{spaced text|nicht}}&nbsp; {{spaced text|gebraucht}}, so ist es bedeutungslos. Das ist der Sinn der Devise Occams.


(Wenn sich alles so verhält als hätte ein Zeichen Bedeutung, dann hat es auch Bedeutung.)
(Wenn sich alles so verhält als hätte ein Zeichen Bedeutung, dann hat es auch Bedeutung.)


{{ParTLPde|3.33}} In der logischen Syntax darf nie die Bedeutung eines Zeichens eine Rolle spielen; sie muss sich aufstellen lassen, ohne dass dabei von der {{nowrap|B e d e u t u n g}} eines Zeichens die Rede wäre, sie darf {{nowrap|n u r}} die Beschreibung der Ausdrücke voraussetzen.
{{ParTLPde|3.33}} In der logischen Syntax darf nie die Bedeutung eines Zeichens eine Rolle spielen; sie muss sich aufstellen lassen, ohne dass dabei von der {{spaced text|Bedeutung}} eines Zeichens die Rede wäre, sie darf {{spaced text|nur}} die Beschreibung der Ausdrücke voraussetzen.


{{ParTLPde|3.331}} Von dieser Bemerkung sehen wir in Russell’s „Theory of types“ hinüber: Der Irrtum Russell’s zeigt sich darin, dass er bei der Aufstellung der Zeichenregeln von der Bedeutung der Zeichen reden musste.
{{ParTLPde|3.331}} Von dieser Bemerkung sehen wir in Russell’s „Theory of types“ hinüber: Der Irrtum Russell’s zeigt sich darin, dass er bei der Aufstellung der Zeichenregeln von der Bedeutung der Zeichen reden musste.
Line 448: Line 448:
{{ParTLPde|3.3411}} Man könnte also sagen: Der eigentliche Name ist das, was alle Symbole, die den Gegenstand bezeichnen, gemeinsam haben. Es würde sich so successive ergeben, dass keinerlei Zusammensetzung für den Namen wesentlich ist.
{{ParTLPde|3.3411}} Man könnte also sagen: Der eigentliche Name ist das, was alle Symbole, die den Gegenstand bezeichnen, gemeinsam haben. Es würde sich so successive ergeben, dass keinerlei Zusammensetzung für den Namen wesentlich ist.


{{ParTLPde|3.342}} An unseren Notationen ist zwar etwas willkürlich, aber {{nowrap|d a s}} ist nicht willkürlich: Dass, {{nowrap|w e n n}} wir etwas willkürlich bestimmt haben, dann etwas anderes der Fall sein muss. (Dies hängt von dem {{nowrap|W e s e n}} der Notation ab.)
{{ParTLPde|3.342}} An unseren Notationen ist zwar etwas willkürlich, aber {{spaced text|das}} ist nicht willkürlich: Dass, {{spaced text|wenn}} wir etwas willkürlich bestimmt haben, dann etwas anderes der Fall sein muss. (Dies hängt von dem {{spaced text|Wesen}} der Notation ab.)


{{ParTLPde|3.3421}} Eine besondere Bezeichnungsweise mag unwichtig sein, aber wichtig ist es immer, dass diese eine {{nowrap|m ö g l i c h e}} Bezeichnungsweise ist. Und so verhält es sich in der Philosophie überhaupt: Das Einzelne erweist sich immer wieder als unwichtig, aber die Möglichkeit jedes Einzelnen gibt uns einen Aufschluss über das Wesen der Welt.
{{ParTLPde|3.3421}} Eine besondere Bezeichnungsweise mag unwichtig sein, aber wichtig ist es immer, dass diese eine {{spaced text|mögliche}} Bezeichnungsweise ist. Und so verhält es sich in der Philosophie überhaupt: Das Einzelne erweist sich immer wieder als unwichtig, aber die Möglichkeit jedes Einzelnen gibt uns einen Aufschluss über das Wesen der Welt.


{{ParTLPde|3.343}} Definitionen sind Regeln der Übersetzung von einer Sprache in eine andere. Jede richtige Zeichensprache muss sich in jede andere nach solchen Regeln übersetzen lassen: {{nowrap|D i e s}} ist, was sie alle gemeinsam haben.
{{ParTLPde|3.343}} Definitionen sind Regeln der Übersetzung von einer Sprache in eine andere. Jede richtige Zeichensprache muss sich in jede andere nach solchen Regeln übersetzen lassen: {{spaced text|Dies}} ist, was sie alle gemeinsam haben.


{{ParTLPde|3.344}} Das, was am Symbol bezeichnet, ist das Gemeinsame aller jener Symbole, durch die das erste den Regeln der logischen Syntax zufolge ersetzt werden kann.
{{ParTLPde|3.344}} Das, was am Symbol bezeichnet, ist das Gemeinsame aller jener Symbole, durch die das erste den Regeln der logischen Syntax zufolge ersetzt werden kann.


{{ParTLPde|3.3441}} Man kann z. B. das Gemeinsame aller Notationen für die Wahrheitsfunktionen so ausdrücken: Es ist ihnen gemeinsam, dass sich alle – z. B. – durch die Notation von „∼''p''“ („nicht ''p''“) und „''p'' ∨ ''q''“ („''p'' oder ''q''“) {{nowrap|e r s e t z e n}}&nbsp; {{nowrap|l a s s e n}}.
{{ParTLPde|3.3441}} Man kann z. B. das Gemeinsame aller Notationen für die Wahrheitsfunktionen so ausdrücken: Es ist ihnen gemeinsam, dass sich alle – z. B. – durch die Notation von „∼''p''“ („nicht ''p''“) und „''p'' ∨ ''q''“ („''p'' oder ''q''“) {{spaced text|ersetzen}}&nbsp; {{spaced text|lassen}}.


(Hiermit ist die Art und Weise gekennzeichnet, wie eine spezielle mögliche Notation uns allgemeine Aufschlüsse geben kann.)
(Hiermit ist die Art und Weise gekennzeichnet, wie eine spezielle mögliche Notation uns allgemeine Aufschlüsse geben kann.)
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(Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.)  
(Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.)  


Und es ist nicht verwunderlich, dass die tiefsten Probleme eigentlich {{nowrap|k e i n e}} Probleme sind.
Und es ist nicht verwunderlich, dass die tiefsten Probleme eigentlich {{spaced text|keine}} Probleme sind.


{{ParTLPde|4.0031}} Alle Philosophie ist „Sprachkritik“. (Allerdings nicht im Sinne Mauthners.) Russell’s Verdienst ist es, gezeigt zu haben, dass die scheinbare logische Form des Satzes nicht seine wirkliche sein muss.
{{ParTLPde|4.0031}} Alle Philosophie ist „Sprachkritik“. (Allerdings nicht im Sinne Mauthners.) Russell’s Verdienst ist es, gezeigt zu haben, dass die scheinbare logische Form des Satzes nicht seine wirkliche sein muss.
Line 508: Line 508:
{{ParTLPde|4.012}} Offenbar ist, dass wir einen Satz von der Form „''aRb''“ als Bild empfinden. Hier ist das Zeichen offenbar ein Gleichnis des Bezeichneten.
{{ParTLPde|4.012}} Offenbar ist, dass wir einen Satz von der Form „''aRb''“ als Bild empfinden. Hier ist das Zeichen offenbar ein Gleichnis des Bezeichneten.


{{ParTLPde|4.013}} Und wenn wir in das Wesentliche dieser Bildhaftigkeit eindringen, so sehen wir, dass dieselbe durch {{nowrap|s ch e i n b a r e}}&nbsp; {{nowrap|U n r e g e l m ä s s i g k e i t e n}} (wie die Verwendung der ♯ und ♭ in der Notenschrift) {{nowrap|n i c h t}} gestört wird.
{{ParTLPde|4.013}} Und wenn wir in das Wesentliche dieser Bildhaftigkeit eindringen, so sehen wir, dass dieselbe durch {{spaced text|scheinbare}}&nbsp; {{spaced text|Unregelmässigkeiten}} (wie die Verwendung der ♯ und ♭ in der Notenschrift) {{spaced text|nicht}} gestört wird.


Denn auch diese Unregelmässigkeiten bilden das ab, was sie ausdrücken sollen; nur auf eine andere Art und Weise.
Denn auch diese Unregelmässigkeiten bilden das ab, was sie ausdrücken sollen; nur auf eine andere Art und Weise.
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{{ParTLPde|4.021}} Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit: Denn ich kenne die von ihm dargestellte Sachlage, wenn ich den Satz verstehe. Und den Satz verstehe ich, ohne dass mir sein Sinn erklärt wurde.
{{ParTLPde|4.021}} Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit: Denn ich kenne die von ihm dargestellte Sachlage, wenn ich den Satz verstehe. Und den Satz verstehe ich, ohne dass mir sein Sinn erklärt wurde.


{{ParTLPde|4.022}} Der Satz {{nowrap|z e i g t}} seinen Sinn.
{{ParTLPde|4.022}} Der Satz {{spaced text|zeigt}} seinen Sinn.


Der Satz {{nowrap|z e i g t}}, wie es sich verhält, {{nowrap|w e n n}} er wahr ist. Und er {{nowrap|s a g t}}, {{nowrap|d a s s}} es sich so verhält.
Der Satz {{spaced text|zeigt}}, wie es sich verhält, {{spaced text|wenn}} er wahr ist. Und er {{spaced text|sagt}}, {{spaced text|dass}} es sich so verhält.


{{ParTLPde|4.023}} Die Wirklichkeit muss durch den Satz auf ja oder nein fixiert sein.
{{ParTLPde|4.023}} Die Wirklichkeit muss durch den Satz auf ja oder nein fixiert sein.
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Wie die Beschreibung einen Gegenstand nach seinen externen Eigenschaften, so beschreibt der Satz die Wirklichkeit nach ihren internen Eigenschaften.
Wie die Beschreibung einen Gegenstand nach seinen externen Eigenschaften, so beschreibt der Satz die Wirklichkeit nach ihren internen Eigenschaften.


Der Satz konstruiert eine Welt mit Hilfe eines logischen Gerüstes und darum kann man am Satz auch sehen, wie sich alles Logische verhält, {{nowrap|w e n n}} er wahr ist. Man kann aus einem falschen Satz {{nowrap|S c h l ü s s e}}&nbsp; {{nowrap|z i e h e n}}.
Der Satz konstruiert eine Welt mit Hilfe eines logischen Gerüstes und darum kann man am Satz auch sehen, wie sich alles Logische verhält, {{spaced text|wenn}} er wahr ist. Man kann aus einem falschen Satz {{spaced text|Schlüsse}}&nbsp; {{spaced text|ziehen}}.


{{ParTLPde|4.024}} Einen Satz verstehen, heisst, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist.
{{ParTLPde|4.024}} Einen Satz verstehen, heisst, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist.
Line 548: Line 548:
Man versteht ihn, wenn man seine Bestandteile versteht.
Man versteht ihn, wenn man seine Bestandteile versteht.


{{ParTLPde|4.025}} Die Übersetzung einer Sprache in eine andere geht nicht so vor sich, dass man jeden {{nowrap|S a t z}} der einen in einen {{nowrap|S a t z}} der anderen übersetzt, sondern nur die Satzbestandteile werden übersetzt.
{{ParTLPde|4.025}} Die Übersetzung einer Sprache in eine andere geht nicht so vor sich, dass man jeden {{spaced text|Satz}} der einen in einen {{spaced text|Satz}} der anderen übersetzt, sondern nur die Satzbestandteile werden übersetzt.


(Und das Wörterbuch übersetzt nicht nur Substantiva, sondern auch Zeit-, Eigenschafts- und Bindewörter etc.; und es behandelt sie alle gleich.)
(Und das Wörterbuch übersetzt nicht nur Substantiva, sondern auch Zeit-, Eigenschafts- und Bindewörter etc.; und es behandelt sie alle gleich.)
Line 556: Line 556:
Mit den Sätzen aber verständigen wir uns.
Mit den Sätzen aber verständigen wir uns.


{{ParTLPde|4.027}} Es liegt im Wesen des Satzes, dass er uns einen {{nowrap|n e u e n}} Sinn mitteilen kann.
{{ParTLPde|4.027}} Es liegt im Wesen des Satzes, dass er uns einen {{spaced text|neuen}} Sinn mitteilen kann.


{{ParTLPde|4.03}} Ein Satz muss mit alten Ausdrücken einen neuen Sinn mitteilen. Der Satz teilt uns eine Sachlage mit, also muss er {{nowrap|w e s e n t l i c h}} mit der Sachlage zusammenhängen.
{{ParTLPde|4.03}} Ein Satz muss mit alten Ausdrücken einen neuen Sinn mitteilen. Der Satz teilt uns eine Sachlage mit, also muss er {{spaced text|wesentlich}} mit der Sachlage zusammenhängen.


Und der Zusammenhang ist eben, dass er ihr logisches Bild ist.
Und der Zusammenhang ist eben, dass er ihr logisches Bild ist.
Line 572: Line 572:
{{ParTLPde|4.0312}} Die Möglichkeit des Satzes beruht auf dem Prinzip der Vertretung von Gegenständen durch Zeichen.
{{ParTLPde|4.0312}} Die Möglichkeit des Satzes beruht auf dem Prinzip der Vertretung von Gegenständen durch Zeichen.


Mein Grundgedanke ist, dass die „logischen Konstanten“ nicht vertreten. Dass sich die {{nowrap|L o g i k}} der Tatsachen nicht vertreten lässt.
Mein Grundgedanke ist, dass die „logischen Konstanten“ nicht vertreten. Dass sich die {{spaced text|Logik}} der Tatsachen nicht vertreten lässt.


{{ParTLPde|4.032}} Nur insoweit ist der Satz ein Bild einer Sachlage, als er logisch gegliedert ist.
{{ParTLPde|4.032}} Nur insoweit ist der Satz ein Bild einer Sachlage, als er logisch gegliedert ist.
Line 586: Line 586:
{{ParTLPde|4.0411}} Wollten wir z. B. das, was wir durch „(''x'')''fx''“ ausdrücken, durch Vorsetzen eines Indexes vor „''fx''“ ausdrücken – etwa so: „Alg. ''fx''“, es würde nicht genügen – wir wüssten nicht, was verallgemeinert wurde. Wollten wir es durch einen Index „''a''“ anzeigen – etwa so: „''f'' (''x<sub>a</sub>'')“ – es würde auch nicht genügen – wir wüssten nicht den Bereich der Allgemeinheitsbezeichnung.
{{ParTLPde|4.0411}} Wollten wir z. B. das, was wir durch „(''x'')''fx''“ ausdrücken, durch Vorsetzen eines Indexes vor „''fx''“ ausdrücken – etwa so: „Alg. ''fx''“, es würde nicht genügen – wir wüssten nicht, was verallgemeinert wurde. Wollten wir es durch einen Index „''a''“ anzeigen – etwa so: „''f'' (''x<sub>a</sub>'')“ – es würde auch nicht genügen – wir wüssten nicht den Bereich der Allgemeinheitsbezeichnung.


Wollten wir es durch Einführung einer Marke in die Argumentstellen versuchen – etwa so: „(''A, A'') ''. F'' (''A, A'')“ – es würde nicht genügen – wir könnten die Identität der Variablen nicht feststellen. U.s.w.
Wollten wir es durch Einführung einer Marke in die Argumentstellen versuchen – etwa so: „(''A, A'') ''. F'' (''A, A'')“ – es würde nicht genügen – wir könnten die Identität der Variablen nicht feststellen. U. s. w.


Alle diese Bezeichnungsweisen genügen nicht, weil sie nicht die notwendige mathematische Mannigfaltigkeit haben.
Alle diese Bezeichnungsweisen genügen nicht, weil sie nicht die notwendige mathematische Mannigfaltigkeit haben.
Line 602: Line 602:
{{ParTLPde|4.062}} Kann man sich nicht mit falschen Sätzen, wie bisher mit wahren, verständigen? Solange man nur weiss, dass sie falsch gemeint sind. Nein! Denn, wahr ist ein Satz, wenn es sich so verhält, wie wir es durch ihn sagen; und wenn wir mit „''p''“ ∼''p'' meinen, und es sich so verhält wie wir es meinen, so ist „''p''“ in der neuen Auffassung wahr und nicht falsch.
{{ParTLPde|4.062}} Kann man sich nicht mit falschen Sätzen, wie bisher mit wahren, verständigen? Solange man nur weiss, dass sie falsch gemeint sind. Nein! Denn, wahr ist ein Satz, wenn es sich so verhält, wie wir es durch ihn sagen; und wenn wir mit „''p''“ ∼''p'' meinen, und es sich so verhält wie wir es meinen, so ist „''p''“ in der neuen Auffassung wahr und nicht falsch.


{{ParTLPde|4.0621}} Dass aber die Zeichen „''p''“ und „∼''p''“ das gleiche sagen {{nowrap|k ö n n e n}}, ist wichtig. Denn es zeigt, dass dem Zeichen „∼“ in der Wirklichkeit nichts entspricht.
{{ParTLPde|4.0621}} Dass aber die Zeichen „''p''“ und „∼''p''“ das gleiche sagen {{spaced text|können}}, ist wichtig. Denn es zeigt, dass dem Zeichen „∼“ in der Wirklichkeit nichts entspricht.


Dass in einem Satz die Verneinung vorkommt, ist noch kein Merkmal seines Sinnes (∼∼''p'' = ''p'').
Dass in einem Satz die Verneinung vorkommt, ist noch kein Merkmal seines Sinnes (∼∼''p'' = ''p'').
Line 614: Line 614:
Der Punkt an dem das Gleichnis hinkt ist nun der: Wir können auf einen Punkt des Papiers zeigen, auch ohne zu wissen, was weiss und schwarz ist; einem Satz ohne Sinn aber entspricht gar nichts, denn er bezeichnet kein Ding (Wahrheitswert) dessen Eigenschaften etwa „falsch“ oder „wahr“ hiessen; das Verbum eines Satzes ist nicht „ist wahr“ oder „ist falsch“ – wie Frege glaubte –, sondern das, was „wahr ist“ muss das Verbum schon enthalten.
Der Punkt an dem das Gleichnis hinkt ist nun der: Wir können auf einen Punkt des Papiers zeigen, auch ohne zu wissen, was weiss und schwarz ist; einem Satz ohne Sinn aber entspricht gar nichts, denn er bezeichnet kein Ding (Wahrheitswert) dessen Eigenschaften etwa „falsch“ oder „wahr“ hiessen; das Verbum eines Satzes ist nicht „ist wahr“ oder „ist falsch“ – wie Frege glaubte –, sondern das, was „wahr ist“ muss das Verbum schon enthalten.


{{ParTLPde|4.064}} Jeder Satz muss {{nowrap|s c h o n}} einen Sinn haben; die Bejahung kann ihn ihm nicht geben, denn sie bejaht ja gerade den Sinn. Und dasselbe gilt von der Verneinung, etc.
{{ParTLPde|4.064}} Jeder Satz muss {{spaced text|schon}} einen Sinn haben; die Bejahung kann ihn ihm nicht geben, denn sie bejaht ja gerade den Sinn. Und dasselbe gilt von der Verneinung, etc.


{{ParTLPde|4.0641}} Man könnte sagen: Die Verneinung bezieht sich schon auf den logischen Ort, den der verneinte Satz bestimmt.
{{ParTLPde|4.0641}} Man könnte sagen: Die Verneinung bezieht sich schon auf den logischen Ort, den der verneinte Satz bestimmt.


Der verneinende Satz bestimmt einen {{nowrap|a n d e r e n}} logischen Ort als der verneinte.
Der verneinende Satz bestimmt einen {{spaced text|anderen}} logischen Ort als der verneinte.


Der verneinende Satz bestimmt einen logischen Ort mit Hilfe des logischen Ortes des verneinten Satzes, indem er jenen ausserhalb diesem liegend beschreibt.
Der verneinende Satz bestimmt einen logischen Ort mit Hilfe des logischen Ortes des verneinten Satzes, indem er jenen ausserhalb diesem liegend beschreibt.
Line 666: Line 666:
Was sich in der Sprache spiegelt, kann sie nicht darstellen.
Was sich in der Sprache spiegelt, kann sie nicht darstellen.


Was {{nowrap|s i c h}} in der Sprache ausdrückt, können w i r nicht durch sie ausdrücken.
Was {{spaced text|sich}} in der Sprache ausdrückt, können {{spaced text|wir}} nicht durch sie ausdrücken.


Der Satz {{nowrap|z e i g t}} die logische Form der Wirklichkeit. Er weist sie auf.
Der Satz {{spaced text|zeigt}} die logische Form der Wirklichkeit. Er weist sie auf.


{{ParTLPde|4.1211}} So zeigt ein Satz „''fa''“, dass in seinem Sinn der Gegenstand ''a'' vorkommt, zwei Sätze „''fa''“ und „''ga''“, dass in ihnen beiden von demselben Gegenstand die Rede ist.
{{ParTLPde|4.1211}} So zeigt ein Satz „''fa''“, dass in seinem Sinn der Gegenstand ''a'' vorkommt, zwei Sätze „''fa''“ und „''ga''“, dass in ihnen beiden von demselben Gegenstand die Rede ist.


Wenn zwei Sätze einander widersprechen, so zeigt dies ihre Struktur; ebenso, wenn einer aus dem anderen folgt. U.s.w.
Wenn zwei Sätze einander widersprechen, so zeigt dies ihre Struktur; ebenso, wenn einer aus dem anderen folgt. U. s. w.


{{ParTLPde|4.1212}} Was gezeigt werden {{nowrap|k a n n}}, {{nowrap|k a n n}} nicht gesagt werden.
{{ParTLPde|4.1212}} Was gezeigt werden {{spaced text|kann}}, {{spaced text|kann}} nicht gesagt werden.


{{ParTLPde|4.1213}} Jetzt verstehen wir auch unser Gefühl: dass wir im Besitze einer richtigen logischen Auffassung seien, wenn nur einmal alles in unserer Zeichensprache stimmt.
{{ParTLPde|4.1213}} Jetzt verstehen wir auch unser Gefühl: dass wir im Besitze einer richtigen logischen Auffassung seien, wenn nur einmal alles in unserer Zeichensprache stimmt.
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{{ParTLPde|4.123}} Eine Eigenschaft ist intern, wenn es undenkbar ist, dass ihr Gegenstand sie nicht besitzt.
{{ParTLPde|4.123}} Eine Eigenschaft ist intern, wenn es undenkbar ist, dass ihr Gegenstand sie nicht besitzt.


(Diese blaue Farbe und jene stehen in der internen Relation von heller und dunkler eo ipso. Es ist undenkbar, dass {{nowrap|d i e s e}} beiden Gegenstände nicht in dieser Relation stünden.)
(Diese blaue Farbe und jene stehen in der internen Relation von heller und dunkler eo ipso. Es ist undenkbar, dass {{spaced text|diese}} beiden Gegenstände nicht in dieser Relation stünden.)


(Hier entspricht dem schwankenden Gebrauch der Worte „Eigenschaft“ und „Relation“ der schwankende Gebrauch des Wortes „Gegenstand“.)
(Hier entspricht dem schwankenden Gebrauch der Worte „Eigenschaft“ und „Relation“ der schwankende Gebrauch des Wortes „Gegenstand“.)
Line 704: Line 704:
{{ParTLPde|4.1251}} Hier erledigt sich nun die Streitfrage „ob alle Relationen intern oder extern“ seien.
{{ParTLPde|4.1251}} Hier erledigt sich nun die Streitfrage „ob alle Relationen intern oder extern“ seien.


{{ParTLPde|4.1252}} Reihen, welche durch {{nowrap|i n t e r n e}} Relationen geordnet sind, nenne ich Formenreihen.
{{ParTLPde|4.1252}} Reihen, welche durch {{spaced text|interne}} Relationen geordnet sind, nenne ich Formenreihen.


Die Zahlenreihe ist nicht nach einer externen, sondern nach einer internen Relation geordnet.
Die Zahlenreihe ist nicht nach einer externen, sondern nach einer internen Relation geordnet.
Line 736: Line 736:
Denn jede Variable stellt eine konstante Form dar, welche alle ihre Werte besitzen, und die als formale Eigenschaft dieser Werte aufgefasst werden kann.
Denn jede Variable stellt eine konstante Form dar, welche alle ihre Werte besitzen, und die als formale Eigenschaft dieser Werte aufgefasst werden kann.


{{ParTLPde|4.1272}} So ist der variable Name „''x''“ das eigentliche Zeichen des Scheinbegriffes {{nowrap|G e g e n s t a n d}}.
{{ParTLPde|4.1272}} So ist der variable Name „''x''“ das eigentliche Zeichen des Scheinbegriffes {{spaced text|Gegenstand}}.


Wo immer das Wort „Gegenstand“ („Ding“, „Sache“, etc.) richtig gebraucht wird, wird es in der Begriffsschrift durch den variablen Namen ausgedrückt.
Wo immer das Wort „Gegenstand“ („Ding“, „Sache“, etc.) richtig gebraucht wird, wird es in der Begriffsschrift durch den variablen Namen ausgedrückt.
Line 746: Line 746:
So kann man z. B. nicht sagen „Es gibt Gegenstände“, wie man etwa sagt „Es gibt Bücher“. Und ebenso wenig „Es gibt 100 Gegenstände“, oder „Es gibt ℵ<sub>0</sub> Gegenstände“.
So kann man z. B. nicht sagen „Es gibt Gegenstände“, wie man etwa sagt „Es gibt Bücher“. Und ebenso wenig „Es gibt 100 Gegenstände“, oder „Es gibt ℵ<sub>0</sub> Gegenstände“.


Und es ist unsinnig, von der {{nowrap|A n z a h l}}&nbsp; {{nowrap|a l l e r}}&nbsp; {{nowrap|G e g e n s t ä n d e}} zu sprechen.
Und es ist unsinnig, von der {{spaced text|Anzahl}}&nbsp; {{spaced text|aller}}&nbsp; {{spaced text|Gegenstände}} zu sprechen.


Dasselbe gilt von den Worten „Komplex“, „Tatsache“, „Funktion“, „Zahl“, etc.
Dasselbe gilt von den Worten „Komplex“, „Tatsache“, „Funktion“, „Zahl“, etc.
Line 756: Line 756:
(Es ist ebenso unsinnig zu sagen „es gibt nur eine 1“, als es unsinnig wäre, zu sagen: 2 + 2 ist um 3 Uhr gleich 4.)
(Es ist ebenso unsinnig zu sagen „es gibt nur eine 1“, als es unsinnig wäre, zu sagen: 2 + 2 ist um 3 Uhr gleich 4.)


{{ParTLPde|4.12721}} Der formale Begriff ist mit einem Gegenstand, der unter ihn fällt, bereits gegeben. Man kann also nicht Gegenstände eines formalen Begriffes {{nowrap|u n d}} den formalen Begriff selbst als Grundbegriffe einführen. Man kann also z. B. nicht den Begriff der Funktion, und auch spezielle Funktionen (wie Russell) als Grundbegriffe einführen; oder den Begriff der Zahl und bestimmte Zahlen.
{{ParTLPde|4.12721}} Der formale Begriff ist mit einem Gegenstand, der unter ihn fällt, bereits gegeben. Man kann also nicht Gegenstände eines formalen Begriffes {{spaced text|und}} den formalen Begriff selbst als Grundbegriffe einführen. Man kann also z. B. nicht den Begriff der Funktion, und auch spezielle Funktionen (wie Russell) als Grundbegriffe einführen; oder den Begriff der Zahl und bestimmte Zahlen.


{{ParTLPde|4.1273}} Wollen wir den allgemeinen Satz: „''b'' ist ein Nachfolger von ''a''“ in der Begriffsschrift ausdrücken, so brauchen wir hierzu einen Ausdruck für das allgemeine Glied der Formenreihe: ''aRb'', (∃''x'') : ''aRx.xRb'', (∃''x, y'') : ''aRx.xRy.yRb'', . . . Das allgemeine Glied einer Formenreihe kann man nur durch eine Variable ausdrücken, denn der Begriff: Glied dieser Formenreihe, ist ein {{nowrap|f o r m a l e r}} Begriff. (Dies haben Frege und Russell übersehen; die Art und Weise wie sie allgemeine Sätze, wie den obigen ausdrücken wollen ist daher falsch; sie enthält einen circulus vitiosus.)
{{ParTLPde|4.1273}} Wollen wir den allgemeinen Satz: „''b'' ist ein Nachfolger von ''a''“ in der Begriffsschrift ausdrücken, so brauchen wir hierzu einen Ausdruck für das allgemeine Glied der Formenreihe: ''aRb'', (∃''x'') : ''aRx.xRb'', (∃''x, y'') : ''aRx.xRy.yRb'', . . . Das allgemeine Glied einer Formenreihe kann man nur durch eine Variable ausdrücken, denn der Begriff: Glied dieser Formenreihe, ist ein {{spaced text|formaler}} Begriff. (Dies haben Frege und Russell übersehen; die Art und Weise wie sie allgemeine Sätze, wie den obigen ausdrücken wollen ist daher falsch; sie enthält einen circulus vitiosus.)


Wir können das allgemeine Glied der Formenreihe bestimmen, indem wir ihr erstes Glied angeben und die allgemeine Form der Operation, welche das folgende Glied aus dem vorhergehenden Satz erzeugt.
Wir können das allgemeine Glied der Formenreihe bestimmen, indem wir ihr erstes Glied angeben und die allgemeine Form der Operation, welche das folgende Glied aus dem vorhergehenden Satz erzeugt.
Line 766: Line 766:
(Man kann also z. B. nicht fragen: „Gibt es unanalysierbare Subjekt-Prädikatsätze?“)
(Man kann also z. B. nicht fragen: „Gibt es unanalysierbare Subjekt-Prädikatsätze?“)


{{ParTLPde|4.121}} Die logischen Formen sind {{nowrap|zahl l o s}}.
{{ParTLPde|4.121}} Die logischen Formen sind zah{{spaced text|llos}}.


Darum gibt es in der Logik keine ausgezeichneten Zahlen und darum gibt es keinen philosophischen Monismus oder Dualismus, etc.
Darum gibt es in der Logik keine ausgezeichneten Zahlen und darum gibt es keinen philosophischen Monismus oder Dualismus, etc.
Line 826: Line 826:
{{ParTLPde|4.41}} Die Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze sind die Bedingungen der Wahrheit und Falschheit der Sätze.
{{ParTLPde|4.41}} Die Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze sind die Bedingungen der Wahrheit und Falschheit der Sätze.


{{ParTLPde|4.411}} Es ist von vornherein wahrscheinlich, dass die Einführung der Elementarsätze für das Verständnis aller anderen Satzarten grundlegend ist. Ja, das Verständnis der allgemeinen Sätze hängt {{nowrap|f ü h l b a r}} von dem der Elementarsätze ab.
{{ParTLPde|4.411}} Es ist von vornherein wahrscheinlich, dass die Einführung der Elementarsätze für das Verständnis aller anderen Satzarten grundlegend ist. Ja, das Verständnis der allgemeinen Sätze hängt {{spaced text|fühlbar}} von dem der Elementarsätze ab.


{{ParTLPde|4.42}} Bezüglich der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung eines Satzes mit den Wahrheitsmöglichkeiten von ''n'' Elementarsätzen gibt es <math>\sum_{k=0}^{K_n} \binom{K_n}{k} = L_n</math> Möglichkeiten.
{{ParTLPde|4.42}} Bezüglich der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung eines Satzes mit den Wahrheitsmöglichkeiten von ''n'' Elementarsätzen gibt es <math>\sum_{k=0}^{K_n} \binom{K_n}{k} = L_n</math> Möglichkeiten.
Line 888: Line 888:
{{ParTLPde|4.46}} Unter den möglichen Gruppen von Wahrheitsbedingungen gibt es zwei extreme Fälle.
{{ParTLPde|4.46}} Unter den möglichen Gruppen von Wahrheitsbedingungen gibt es zwei extreme Fälle.


In dem einen Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze wahr. Wir sagen, die Wahrheitsbedingungen sind {{nowrap|t a u t o l o g i s c h}}.
In dem einen Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze wahr. Wir sagen, die Wahrheitsbedingungen sind {{spaced text|tautologisch}}.


Im zweiten Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten falsch: Die Wahrheitsbedingungen sind {{nowrap|k o n t r a d i k t o r i s c h}}.
Im zweiten Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten falsch: Die Wahrheitsbedingungen sind {{spaced text|kontradiktorisch}}.


Im ersten Fall nennen wir den Satz eine Tautologie, im zweiten Fall eine Kontradiktion.
Im ersten Fall nennen wir den Satz eine Tautologie, im zweiten Fall eine Kontradiktion.
Line 906: Line 906:
{{ParTLPde|4.4611}} Tautologie und Kontradiktion sind aber nicht unsinnig; sie gehören zum Symbolismus, und zwar ähnlich wie die „0“ zum Symbolismus der Arithmetik.
{{ParTLPde|4.4611}} Tautologie und Kontradiktion sind aber nicht unsinnig; sie gehören zum Symbolismus, und zwar ähnlich wie die „0“ zum Symbolismus der Arithmetik.


{{ParTLPde|4.462}} Tautologie und Kontradiktion sind nicht Bilder der Wirklichkeit. Sie stellen keine mögliche Sachlage dar. Denn jene lässt {{nowrap|j e d e}} mögliche Sachlage zu, diese {{nowrap|k e i n e}}.
{{ParTLPde|4.462}} Tautologie und Kontradiktion sind nicht Bilder der Wirklichkeit. Sie stellen keine mögliche Sachlage dar. Denn jene lässt {{spaced text|jede}} mögliche Sachlage zu, diese {{spaced text|keine}}.


In der Tautologie heben die Bedingungen der Übereinstimmung mit der Welt – die darstellenden Beziehungen – einander auf, so dass sie in keiner darstellenden Beziehung zur Wirklichkeit steht.
In der Tautologie heben die Bedingungen der Übereinstimmung mit der Welt – die darstellenden Beziehungen – einander auf, so dass sie in keiner darstellenden Beziehung zur Wirklichkeit steht.
Line 922: Line 922:
{{ParTLPde|4.465}} Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt dasselbe, wie der Satz. Also ist jenes Produkt identisch mit dem Satz. Denn man kann das Wesentliche des Symbols nicht ändern, ohne seinen Sinn zu ändern.
{{ParTLPde|4.465}} Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt dasselbe, wie der Satz. Also ist jenes Produkt identisch mit dem Satz. Denn man kann das Wesentliche des Symbols nicht ändern, ohne seinen Sinn zu ändern.


{{ParTLPde|4.466}} Einer bestimmten logischen Verbindung von Zeichen entspricht eine bestimmte logische Verbindung ihrer Bedeutungen; {{nowrap|j e d e}}&nbsp; {{nowrap|b e l i e b i g e}} Verbindung entspricht nur den unverbundenen Zeichen.
{{ParTLPde|4.466}} Einer bestimmten logischen Verbindung von Zeichen entspricht eine bestimmte logische Verbindung ihrer Bedeutungen; {{spaced text|jede}}&nbsp; {{spaced text|beliebige}} Verbindung entspricht nur den unverbundenen Zeichen.


Das heisst, Sätze die für jede Sachlage wahr sind, können überhaupt keine Zeichenverbindungen sein, denn sonst könnten ihnen nur bestimmte Verbindungen von Gegenständen entsprechen.
Das heisst, Sätze die für jede Sachlage wahr sind, können überhaupt keine Zeichenverbindungen sein, denn sonst könnten ihnen nur bestimmte Verbindungen von Gegenständen entsprechen.


(Und keiner logischen Verbindung entspricht {{nowrap|k e i n e}} Verbindung der Gegenstände.)
(Und keiner logischen Verbindung entspricht {{spaced text|keine}} Verbindung der Gegenstände.)


Tautologie und Kontradiktion sind die Grenzfälle der Zeichenverbindung, nämlich ihre Auflösung.
Tautologie und Kontradiktion sind die Grenzfälle der Zeichenverbindung, nämlich ihre Auflösung.


{{ParTLPde|4.4661}} Freilich sind auch in der Tautologie und Kontradiktion die Zeichen noch mit einander verbunden, d. h. sie stehen in Beziehungen zu einander, aber diese Beziehungen sind bedeutungslos, dem {{nowrap|S y m b o l}} unwesentlich.
{{ParTLPde|4.4661}} Freilich sind auch in der Tautologie und Kontradiktion die Zeichen noch mit einander verbunden, d. h. sie stehen in Beziehungen zu einander, aber diese Beziehungen sind bedeutungslos, dem {{spaced text|Symbol}} unwesentlich.


{{ParTLPde|4.5}} Nun scheint es möglich zu sein, die allgemeinste Satzform anzugeben: das heisst, eine Beschreibung der Sätze {{nowrap|i r g e n d e i n e r}} Zeichensprache zu geben, so dass jeder mögliche Sinn durch ein Symbol, auf welches die Beschreibung passt, ausgedrückt werden kann, und dass jedes Symbol, worauf die Beschreibung passt, einen Sinn ausdrücken kann, wenn die Bedeutungen der Namen entsprechend gewählt werden.
{{ParTLPde|4.5}} Nun scheint es möglich zu sein, die allgemeinste Satzform anzugeben: das heisst, eine Beschreibung der Sätze {{spaced text|irgendeiner}} Zeichensprache zu geben, so dass jeder mögliche Sinn durch ein Symbol, auf welches die Beschreibung passt, ausgedrückt werden kann, und dass jedes Symbol, worauf die Beschreibung passt, einen Sinn ausdrücken kann, wenn die Bedeutungen der Namen entsprechend gewählt werden.


Es ist klar, dass bei der Beschreibung der allgemeinsten Satzform {{nowrap|n u r}} ihr Wesentliches beschrieben werden darf, – sonst wäre sie nämlich nicht die allgemeinste.
Es ist klar, dass bei der Beschreibung der allgemeinsten Satzform {{spaced text|nur}} ihr Wesentliches beschrieben werden darf, – sonst wäre sie nämlich nicht die allgemeinste.


Dass es eine allgemeine Satzform gibt, wird dadurch bewiesen, dass es keinen Satz geben darf, dessen Form man nicht hätte voraussehen (d. h. konstruieren) können. Die allgemeine Form des Satzes ist: Es verhält sich so und so.
Dass es eine allgemeine Satzform gibt, wird dadurch bewiesen, dass es keinen Satz geben darf, dessen Form man nicht hätte voraussehen (d. h. konstruieren) können. Die allgemeine Form des Satzes ist: Es verhält sich so und so.


{{ParTLPde|4.51}} Angenommen, mir wären {{nowrap|a l l e}} Elementarsätze gegeben: Dann lässt sich einfach fragen: welche Sätze kann ich aus ihnen bilden. Und das sind {{nowrap|a l l e}} Sätze und {{nowrap|s o}} sind sie begrenzt.
{{ParTLPde|4.51}} Angenommen, mir wären {{spaced text|alle}} Elementarsätze gegeben: Dann lässt sich einfach fragen: welche Sätze kann ich aus ihnen bilden. Und das sind {{spaced text|alle}} Sätze und {{spaced text|so}} sind sie begrenzt.


{{ParTLPde|4.52}} Die Sätze sind Alles, was aus der Gesamtheit aller Elementarsätze folgt (natürlich auch daraus, dass es die {{nowrap|G e s a m t h e i t}}&nbsp; {{nowrap|a l l e r}} ist). (So könnte man in gewissem Sinne sagen, dass {{nowrap|a l l e}} Sätze Verallgemeinerungen der Elementarsätze sind.)
{{ParTLPde|4.52}} Die Sätze sind Alles, was aus der Gesamtheit aller Elementarsätze folgt (natürlich auch daraus, dass es die {{spaced text|Gesamtheit}}&nbsp; {{spaced text|aller}} ist). (So könnte man in gewissem Sinne sagen, dass {{spaced text|alle}} Sätze Verallgemeinerungen der Elementarsätze sind.)


{{ParTLPde|4.53}} Die allgemeine Satzform ist eine Variable.
{{ParTLPde|4.53}} Die allgemeine Satzform ist eine Variable.
Line 952: Line 952:
{{ParTLPde|5.02}} Es liegt nahe, die Argumente von Funktionen mit den Indices von Namen zu verwechseln. Ich erkenne nämlich sowohl am Argument wie am Index die Bedeutung des sie enthaltenden Zeichens.
{{ParTLPde|5.02}} Es liegt nahe, die Argumente von Funktionen mit den Indices von Namen zu verwechseln. Ich erkenne nämlich sowohl am Argument wie am Index die Bedeutung des sie enthaltenden Zeichens.


In Russell’s „+''<sub>c</sub>''“ ist z. B. „''c''“ ein Index, der darauf hinweist, dass das ganze Zeichen das Additionszeichen für Kardinalzahlen ist. Aber diese Bezeichnung beruht auf willkürlicher Übereinkunft und man könnte statt „+''<sub>c</sub>''“ auch ein einfaches Zeichen wählen; in „∼''p''“ aber ist „''p''“ kein Index, sondern ein Argument: der Sinn von „∼''p''“ {{nowrap|k a n n}}&nbsp; {{nowrap|n i c h t}} verstanden werden, ohne dass vorher der Sinn von „''p''“ verstanden worden wäre. (Im Namen Julius Cäsar ist „Julius“ ein Index. Der Index ist immer ein Teil einer Beschreibung des Gegenstandes, dessen Namen wir ihn anhängen. Z. B. {{nowrap|D e r}} Cäsar aus dem Geschlechte der Julier.)
In Russell’s „+''<sub>c</sub>''“ ist z. B. „''c''“ ein Index, der darauf hinweist, dass das ganze Zeichen das Additionszeichen für Kardinalzahlen ist. Aber diese Bezeichnung beruht auf willkürlicher Übereinkunft und man könnte statt „+''<sub>c</sub>''“ auch ein einfaches Zeichen wählen; in „∼''p''“ aber ist „''p''“ kein Index, sondern ein Argument: der Sinn von „∼''p''“ {{spaced text|kann}}&nbsp; {{spaced text|nicht}} verstanden werden, ohne dass vorher der Sinn von „''p''“ verstanden worden wäre. (Im Namen Julius Cäsar ist „Julius“ ein Index. Der Index ist immer ein Teil einer Beschreibung des Gegenstandes, dessen Namen wir ihn anhängen. Z. B. {{spaced text|Der}} Cäsar aus dem Geschlechte der Julier.)


Die Verwechslung von Argument und Index liegt, wenn ich mich nicht irre, der Theorie Frege’s von der Bedeutung der Sätze und Funktionen zugrunde. Für Frege waren die Sätze der Logik Namen, und deren Argumente die Indices dieser Namen.
Die Verwechslung von Argument und Index liegt, wenn ich mich nicht irre, der Theorie Frege’s von der Bedeutung der Sätze und Funktionen zugrunde. Für Frege waren die Sätze der Logik Namen, und deren Argumente die Indices dieser Namen.
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Diejenigen Wahrheitsmöglichkeiten seiner Wahrheitsargumente, welche den Satz bewahrheiten, will ich seine {{nowrap|W a h r h e i t s g r ü n d e}} nennen.
Diejenigen Wahrheitsmöglichkeiten seiner Wahrheitsargumente, welche den Satz bewahrheiten, will ich seine {{spaced text|Wahrheitsgründe}} nennen.


{{ParTLPde|5.11}} Sind die Wahrheitsgründe, die einer Anzahl von Sätzen gemeinsam sind, sämtlich auch Wahrheitsgründe eines bestimmten Satzes, so sagen wir, die Wahrheit dieses Satzes folge aus der Wahrheit jener Sätze.
{{ParTLPde|5.11}} Sind die Wahrheitsgründe, die einer Anzahl von Sätzen gemeinsam sind, sämtlich auch Wahrheitsgründe eines bestimmten Satzes, so sagen wir, die Wahrheit dieses Satzes folge aus der Wahrheit jener Sätze.
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{{ParTLPde|5.136}} Einen Kausalnexus, der einen solchen Schluss rechtfertigte, gibt es nicht.
{{ParTLPde|5.136}} Einen Kausalnexus, der einen solchen Schluss rechtfertigte, gibt es nicht.


{{ParTLPde|5.1361}} Die Ereignisse der Zukunft {{nowrap|k ö n n e n}} wir nicht aus den gegenwärtigen erschliessen.
{{ParTLPde|5.1361}} Die Ereignisse der Zukunft {{spaced text|können}} wir nicht aus den gegenwärtigen erschliessen.


Der Glaube an den Kausalnexus ist der {{nowrap|A b e r g l a u b e}}.
Der Glaube an den Kausalnexus ist der {{spaced text|Aberglaube}}.


{{ParTLPde|5.1362}} Die Willensfreiheit besteht darin, dass zukünftige Handlungen jetzt nicht gewusst werden können. Nur dann könnten wir sie wissen, wenn die Kausalität eine {{nowrap|i n n e r e}} Notwendigkeit wäre, wie die des logischen Schlusses. – Der Zusammenhang von Wissen und Gewusstem, ist der der logischen Notwendigkeit.
{{ParTLPde|5.1362}} Die Willensfreiheit besteht darin, dass zukünftige Handlungen jetzt nicht gewusst werden können. Nur dann könnten wir sie wissen, wenn die Kausalität eine {{spaced text|innere}} Notwendigkeit wäre, wie die des logischen Schlusses. – Der Zusammenhang von Wissen und Gewusstem, ist der der logischen Notwendigkeit.


(„A weiss, dass ''p'' der Fall ist“ ist sinnlos, wenn ''p'' eine Tautologie ist.)
(„A weiss, dass ''p'' der Fall ist“ ist sinnlos, wenn ''p'' eine Tautologie ist.)


{{ParTLPde|5.1363}} Wenn daraus, dass ein Satz uns einleuchtet, nicht {{nowrap|f o l g t}}, dass er wahr ist, so ist das Einleuchten auch keine Rechtfertigung für unseren Glauben an seine Wahrheit.
{{ParTLPde|5.1363}} Wenn daraus, dass ein Satz uns einleuchtet, nicht {{spaced text|folgt}}, dass er wahr ist, so ist das Einleuchten auch keine Rechtfertigung für unseren Glauben an seine Wahrheit.


{{ParTLPde|5.14}} Folgt ein Satz aus einem anderen, so sagt dieser mehr als jener, jener weniger als dieser.
{{ParTLPde|5.14}} Folgt ein Satz aus einem anderen, so sagt dieser mehr als jener, jener weniger als dieser.
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{{ParTLPde|5.142}} Die Tautologie folgt aus allen Sätzen: sie sagt Nichts.
{{ParTLPde|5.142}} Die Tautologie folgt aus allen Sätzen: sie sagt Nichts.


{{ParTLPde|5.143}} Die Kontradiktion ist das Gemeinsame der Sätze, was {{nowrap|k e i n}} Satz mit einem anderen gemein hat. Die Tautologie ist das Gemeinsame aller Sätze, welche nichts miteinander gemein haben.
{{ParTLPde|5.143}} Die Kontradiktion ist das Gemeinsame der Sätze, was {{spaced text|kein}} Satz mit einem anderen gemein hat. Die Tautologie ist das Gemeinsame aller Sätze, welche nichts miteinander gemein haben.


Die Kontradiktion verschwindet sozusagen ausserhalb, die Tautologie innerhalb aller Sätze.
Die Kontradiktion verschwindet sozusagen ausserhalb, die Tautologie innerhalb aller Sätze.
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Die Kontradiktion ist die äussere Grenze der Sätze, die Tautologie ihr substanzloser Mittelpunkt.
Die Kontradiktion ist die äussere Grenze der Sätze, die Tautologie ihr substanzloser Mittelpunkt.


{{ParTLPde|5.15}} Ist ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der Wahrheitsgründe des Satzes „''r''“, ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen Wahrheitsgründe des Satzes „''s''“, die zugleich Wahrheitsgründe von „''r''“ sind, dann nennen wir das Verhältnis: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>'' das Mass der {{nowrap|W a h r s c h e i n l i c h k e i t}}, welche der Satz „''r''“ dem Satz „''s''“ gibt.
{{ParTLPde|5.15}} Ist ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der Wahrheitsgründe des Satzes „''r''“, ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen Wahrheitsgründe des Satzes „''s''“, die zugleich Wahrheitsgründe von „''r''“ sind, dann nennen wir das Verhältnis: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>'' das Mass der {{spaced text|Wahrscheinlichkeit}}, welche der Satz „''r''“ dem Satz „''s''“ gibt.


{{ParTLPde|5.151}} Sei in einem Schema wie dem obigen in No. [[#5.101|5.101]] ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der „''W'' “ im Satze ''r''; ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen „''W'' “ im Satze ''s'', die in gleichen Kolonnen mit „''W'' “ des Satzes ''r'' stehen. Der Satz ''r'' gibt dann dem Satze ''s'' die Wahrscheinlichkeit: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>''.
{{ParTLPde|5.151}} Sei in einem Schema wie dem obigen in No. [[#5.101|5.101]] ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der „''W'' “ im Satze ''r''; ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen „''W'' “ im Satze ''s'', die in gleichen Kolonnen mit „''W'' “ des Satzes ''r'' stehen. Der Satz ''r'' gibt dann dem Satze ''s'' die Wahrscheinlichkeit: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>''.
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{{ParTLPde|5.154}} In einer Urne seien gleichviel weisse und schwarze Kugeln (und keine anderen). Ich ziehe eine Kugel nach der anderen und lege sie wieder in die Urne zurück. Dann kann ich durch den Versuch feststellen, dass sich die Zahlen der gezogenen schwarzen und weissen Kugeln bei fortgesetztem Ziehen einander nähern.
{{ParTLPde|5.154}} In einer Urne seien gleichviel weisse und schwarze Kugeln (und keine anderen). Ich ziehe eine Kugel nach der anderen und lege sie wieder in die Urne zurück. Dann kann ich durch den Versuch feststellen, dass sich die Zahlen der gezogenen schwarzen und weissen Kugeln bei fortgesetztem Ziehen einander nähern.


{{nowrap|D a s}} ist also kein mathematisches Faktum.
{{spaced text|Das}} ist also kein mathematisches Faktum.


Wenn ich nun sage: Es ist gleich wahrscheinlich, dass ich eine weisse Kugel wie eine schwarze ziehen werde, so heisst das: Alle mir bekannten Umstände (die hypothetisch angenommenen Naturgesetze mitinbegriffen) geben dem Eintreffen des einen Ereignisses nicht {{nowrap|m e h r}} Wahrscheinlichkeit als dem Eintreffen des anderen. Das heisst, sie geben – wie aus den obigen Erklärungen leicht zu entnehmen ist – jedem die Wahrscheinlichkeit ½.
Wenn ich nun sage: Es ist gleich wahrscheinlich, dass ich eine weisse Kugel wie eine schwarze ziehen werde, so heisst das: Alle mir bekannten Umstände (die hypothetisch angenommenen Naturgesetze mitinbegriffen) geben dem Eintreffen des einen Ereignisses nicht {{spaced text|mehr}} Wahrscheinlichkeit als dem Eintreffen des anderen. Das heisst, sie geben – wie aus den obigen Erklärungen leicht zu entnehmen ist – jedem die Wahrscheinlichkeit ½.


Was ich durch den Versuch bestätige ist, dass das Eintreffen der beiden Ereignisse von den Umständen, die ich nicht näher kenne, unabhängig ist.
Was ich durch den Versuch bestätige ist, dass das Eintreffen der beiden Ereignisse von den Umständen, die ich nicht näher kenne, unabhängig ist.
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{{ParTLPde|5.156}} So ist die Wahrscheinlichkeit eine Verallgemeinerung.
{{ParTLPde|5.156}} So ist die Wahrscheinlichkeit eine Verallgemeinerung.


Sie involviert eine allgemeine Beschreibung einer Satzform. Nur in Ermanglung der Gewissheit gebrauchen wir die Wahrscheinlichkeit. – Wenn wir zwar eine Tatsache nicht vollkommen kennen, wohl aber {{nowrap|e t w a s}} über ihre Form wissen.
Sie involviert eine allgemeine Beschreibung einer Satzform. Nur in Ermanglung der Gewissheit gebrauchen wir die Wahrscheinlichkeit. – Wenn wir zwar eine Tatsache nicht vollkommen kennen, wohl aber {{spaced text|etwas}} über ihre Form wissen.


(Ein Satz kann zwar ein unvollständiges Bild einer gewissen Sachlage sein, aber er ist immer {{nowrap|e i n}} vollständiges Bild.)
(Ein Satz kann zwar ein unvollständiges Bild einer gewissen Sachlage sein, aber er ist immer {{spaced text|ein}} vollständiges Bild.)


Der Wahrscheinlichkeitssatz ist gleichsam ein Auszug aus anderen Sätzen.
Der Wahrscheinlichkeitssatz ist gleichsam ein Auszug aus anderen Sätzen.
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{{ParTLPde|5.2521}} Die fortgesetzte Anwendung einer Operation auf ihr eigenes Resultat nenne ich ihre successive Anwendung („''O'O'O'a''“ ist das Resultat der dreimaligen successiven Anwendung von „''O'ξ''“ auf „''a''“).
{{ParTLPde|5.2521}} Die fortgesetzte Anwendung einer Operation auf ihr eigenes Resultat nenne ich ihre successive Anwendung („''O'O'O'a''“ ist das Resultat der dreimaligen successiven Anwendung von „''O'ξ''“ auf „''a''“).


In einem ähnlichen Sinne rede ich von der successiven Anwendung {{nowrap|m e h r e r e r}} Operationen auf eine Anzahl von Sätzen.
In einem ähnlichen Sinne rede ich von der successiven Anwendung {{spaced text|mehrerer}} Operationen auf eine Anzahl von Sätzen.


{{ParTLPde|5.2522}} Das allgemeine Glied einer Formenreihe ''a'', ''O'a'', ''O'O'a'', ''. . . .'' schreibe ich daher so: „[''a, x, O'x'']“. Dieser Klammerausdruck ist eine Variable. Das erste Glied des Klammerausdruckes ist der Anfang der Formenreihe, das zweite die Form eines beliebigen Gliedes ''x'' der Reihe und das dritte die Form desjenigen Gliedes der Reihe, welches auf ''x'' unmittelbar folgt.
{{ParTLPde|5.2522}} Das allgemeine Glied einer Formenreihe ''a'', ''O'a'', ''O'O'a'', ''. . . .'' schreibe ich daher so: „[''a, x, O'x'']“. Dieser Klammerausdruck ist eine Variable. Das erste Glied des Klammerausdruckes ist der Anfang der Formenreihe, das zweite die Form eines beliebigen Gliedes ''x'' der Reihe und das dritte die Form desjenigen Gliedes der Reihe, welches auf ''x'' unmittelbar folgt.
Line 1,182: Line 1,182:
Die Wahrheitsoperation ist die Art und Weise, wie aus den Elementarsätzen die Wahrheitsfunktion entsteht.
Die Wahrheitsoperation ist die Art und Weise, wie aus den Elementarsätzen die Wahrheitsfunktion entsteht.


Nach dem Wesen der Wahrheitsoperation wird auf die gleiche Weise, wie aus den Elementarsätzen ihre Wahrheitsfunktion, aus Wahrheitsfunktionen eine Neue. Jede Wahrheitsoperation erzeugt aus Wahrheitsfunktionen von Elementarsätzen wieder eine Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen, einen Satz. Das Resultat jeder Wahrheitsoperation mit den Resultaten von Wahrheitsoperationen mit Elementarsätzen ist wieder das Resultat {{nowrap|E i n e r}} Wahrheitsoperation mit Elementarsätzen.
Nach dem Wesen der Wahrheitsoperation wird auf die gleiche Weise, wie aus den Elementarsätzen ihre Wahrheitsfunktion, aus Wahrheitsfunktionen eine Neue. Jede Wahrheitsoperation erzeugt aus Wahrheitsfunktionen von Elementarsätzen wieder eine Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen, einen Satz. Das Resultat jeder Wahrheitsoperation mit den Resultaten von Wahrheitsoperationen mit Elementarsätzen ist wieder das Resultat {{spaced text|Einer}} Wahrheitsoperation mit Elementarsätzen.


Jeder Satz ist das Resultat von Wahrheitsoperationen mit Elementarsätzen.
Jeder Satz ist das Resultat von Wahrheitsoperationen mit Elementarsätzen.
Line 1,202: Line 1,202:
Und es ist offenbar, dass das „⊃“, welches wir durch „∼“ und „∨“ definieren, identisch ist mit dem, durch welches wir „∨ “ mit „∼“ definieren und dass dieses „∨“ mit dem ersten identisch ist. U. s. w.
Und es ist offenbar, dass das „⊃“, welches wir durch „∼“ und „∨“ definieren, identisch ist mit dem, durch welches wir „∨ “ mit „∼“ definieren und dass dieses „∨“ mit dem ersten identisch ist. U. s. w.


{{ParTLPde|5.43}} Dass aus einer Tatsache ''p'' unendlich viele {{nowrap|a n d e r e}} folgen sollten, nämlich ∼∼''p'', ∼∼∼∼''p'', etc., ist doch von vornherein kaum zu glauben. Und nicht weniger merkwürdig ist, dass die unendliche Anzahl der Sätze der Logik (der Mathematik) aus einem halben Dutzend „Grundgesetzen“ folgen.
{{ParTLPde|5.43}} Dass aus einer Tatsache ''p'' unendlich viele {{spaced text|andere}} folgen sollten, nämlich ∼∼''p'', ∼∼∼∼''p'', etc., ist doch von vornherein kaum zu glauben. Und nicht weniger merkwürdig ist, dass die unendliche Anzahl der Sätze der Logik (der Mathematik) aus einem halben Dutzend „Grundgesetzen“ folgen.


Alle Sätze der Logik sagen aber dasselbe. Nämlich Nichts.
Alle Sätze der Logik sagen aber dasselbe. Nämlich Nichts.
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{{ParTLPde|5.441}} Dieses Verschwinden der scheinbaren logischen Konstanten tritt auch ein, wenn „∼(∃''x'') ''.'' ∼''fx''“ dasselbe sagt wie „(''x'') ''. fx''“, oder „(∃''x'') ''. fx . x'' = ''a''“ dasselbe wie „''fa''“.
{{ParTLPde|5.441}} Dieses Verschwinden der scheinbaren logischen Konstanten tritt auch ein, wenn „∼(∃''x'') ''.'' ∼''fx''“ dasselbe sagt wie „(''x'') ''. fx''“, oder „(∃''x'') ''. fx . x'' = ''a''“ dasselbe wie „''fa''“.


{{ParTLPde|5.442}} Wenn uns ein Satz gegeben ist, so sind {{nowrap|m i t}}&nbsp; {{nowrap|i h m}} auch schon die Resultate aller Wahrheitsoperationen, die ihn zur Basis haben, gegeben.
{{ParTLPde|5.442}} Wenn uns ein Satz gegeben ist, so sind {{spaced text|mit}}&nbsp; {{spaced text|ihm}} auch schon die Resultate aller Wahrheitsoperationen, die ihn zur Basis haben, gegeben.


{{ParTLPde|5.45}} Gibt es logische Urzeichen, so muss eine richtige Logik ihre Stellung zueinander klar machen und ihr Dasein rechtfertigen. Der Bau der Logik {{nowrap|a u s}} ihren Urzeichen muss klar werden.
{{ParTLPde|5.45}} Gibt es logische Urzeichen, so muss eine richtige Logik ihre Stellung zueinander klar machen und ihr Dasein rechtfertigen. Der Bau der Logik {{spaced text|aus}} ihren Urzeichen muss klar werden.


{{ParTLPde|5.451}} Hat die Logik Grundbegriffe, so müssen sie von einander unabhängig sein. Ist ein Grundbegriff eingeführt, so muss er in allen Verbindungen eingeführt sein, worin er überhaupt vorkommt. Man kann ihn also nicht zuerst für {{nowrap|e i n e}} Verbindung, dann noch einmal für eine andere einführen. Z. B.: Ist die Verneinung eingeführt, so müssen wir sie jetzt in Sätzen von der Form „∼''p''“ ebenso verstehen, wie in Sätzen wie „∼(''p'' ∨ ''q'')“, „(∃''x'') ''.'' ∼''fx''“ u. a. Wir dürfen sie nicht erst für die eine Klasse von Fällen, dann für die andere einführen, denn es bliebe dann zweifelhaft, ob ihre Bedeutung in beiden Fällen die gleiche wäre und es wäre kein Grund vorhanden, in beiden Fällen dieselbe Art der Zeichenverbindung zu benützen.
{{ParTLPde|5.451}} Hat die Logik Grundbegriffe, so müssen sie von einander unabhängig sein. Ist ein Grundbegriff eingeführt, so muss er in allen Verbindungen eingeführt sein, worin er überhaupt vorkommt. Man kann ihn also nicht zuerst für {{spaced text|eine}} Verbindung, dann noch einmal für eine andere einführen. Z. B.: Ist die Verneinung eingeführt, so müssen wir sie jetzt in Sätzen von der Form „∼''p''“ ebenso verstehen, wie in Sätzen wie „∼(''p'' ∨ ''q'')“, „(∃''x'') ''.'' ∼''fx''“ u. a. Wir dürfen sie nicht erst für die eine Klasse von Fällen, dann für die andere einführen, denn es bliebe dann zweifelhaft, ob ihre Bedeutung in beiden Fällen die gleiche wäre und es wäre kein Grund vorhanden, in beiden Fällen dieselbe Art der Zeichenverbindung zu benützen.


(Kurz, für die Einführung der Urzeichen gilt, mutatis mutandis, dasselbe, was Frege („Grundgesetze der Arithmetik“) für die Einführung von Zeichen durch Definitionen gesagt hat.)
(Kurz, für die Einführung der Urzeichen gilt, mutatis mutandis, dasselbe, was Frege („Grundgesetze der Arithmetik“) für die Einführung von Zeichen durch Definitionen gesagt hat.)
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(So kommen in den „Principia Mathematica“ von Russell und Whitehead Definitionen und Grundgesetze in Worten vor. Warum hier plötzlich Worte? Dies bedürfte einer Rechtfertigung. Sie fehlt und muss fehlen, da das Vorgehen tatsächlich unerlaubt ist.)
(So kommen in den „Principia Mathematica“ von Russell und Whitehead Definitionen und Grundgesetze in Worten vor. Warum hier plötzlich Worte? Dies bedürfte einer Rechtfertigung. Sie fehlt und muss fehlen, da das Vorgehen tatsächlich unerlaubt ist.)


Hat sich aber die Einführung eines neuen Behelfes an einer Stelle als nötig erwiesen, so muss man sich nun sofort fragen: Wo muss dieser Behelf nun {{nowrap|i m m e r}} angewandt werden? Seine Stellung in der Logik muss nun erklärt werden.
Hat sich aber die Einführung eines neuen Behelfes an einer Stelle als nötig erwiesen, so muss man sich nun sofort fragen: Wo muss dieser Behelf nun {{spaced text|immer}} angewandt werden? Seine Stellung in der Logik muss nun erklärt werden.


{{ParTLPde|5.453}} Alle Zahlen der Logik müssen sich rechtfertigen lassen.
{{ParTLPde|5.453}} Alle Zahlen der Logik müssen sich rechtfertigen lassen.
Line 1,254: Line 1,254:
{{ParTLPde|5.4611}} Die logischen Operationszeichen sind Interpunktionen.
{{ParTLPde|5.4611}} Die logischen Operationszeichen sind Interpunktionen.


{{ParTLPde|5.47}} Es ist klar, dass alles was sich überhaupt {{nowrap|v o n}}&nbsp; {{nowrap|vo r n h e r e i n}} über die Form aller Sätze sagen lässt, sich {{nowrap|a u f e i n m a l}} sagen lassen muss.
{{ParTLPde|5.47}} Es ist klar, dass alles was sich überhaupt {{spaced text|von}}&nbsp; {{spaced text|vornherein}} über die Form aller Sätze sagen lässt, sich {{spaced text|aufeinmal}} sagen lassen muss.


Sind ja schon im Elementarsatze alle logischen Operationen enthalten. Denn „''fa''“ sagt dasselbe wie „(∃''x'') ''. fx . x'' = ''a''“.
Sind ja schon im Elementarsatze alle logischen Operationen enthalten. Denn „''fa''“ sagt dasselbe wie „(∃''x'') ''. fx . x'' = ''a''“.
Line 1,260: Line 1,260:
Wo Zusammengesetztheit ist, da ist Argument und Funktion, und wo diese sind, sind bereits alle logischen Konstanten.
Wo Zusammengesetztheit ist, da ist Argument und Funktion, und wo diese sind, sind bereits alle logischen Konstanten.


Man könnte sagen: Die Eine logische Konstante ist das, was {{nowrap|a l l e}} Sätze, ihrer Natur nach, mit einander gemein haben.
Man könnte sagen: Die Eine logische Konstante ist das, was {{spaced text|alle}} Sätze, ihrer Natur nach, mit einander gemein haben.


Das aber ist die allgemeine Satzform.
Das aber ist die allgemeine Satzform.
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{{ParTLPde|5.473}} Die Logik muss für sich selber sorgen.
{{ParTLPde|5.473}} Die Logik muss für sich selber sorgen.


Ein {{nowrap|m ö g l i c h e s}} Zeichen muss auch bezeichnen können. Alles was in der Logik möglich ist, ist auch erlaubt. („Sokrates ist identisch“ heisst darum nichts, weil es keine Eigenschaft gibt, die „identisch“ heisst. Der Satz ist unsinnig, weil wir eine willkürliche Bestimmung nicht getroffen haben, aber nicht darum, weil das Symbol an und für sich unerlaubt wäre.)
Ein {{spaced text|mögliches}} Zeichen muss auch bezeichnen können. Alles was in der Logik möglich ist, ist auch erlaubt. („Sokrates ist identisch“ heisst darum nichts, weil es keine Eigenschaft gibt, die „identisch“ heisst. Der Satz ist unsinnig, weil wir eine willkürliche Bestimmung nicht getroffen haben, aber nicht darum, weil das Symbol an und für sich unerlaubt wäre.)


Wir können uns, in gewissem Sinne, nicht in der Logik irren.
Wir können uns, in gewissem Sinne, nicht in der Logik irren.


{{ParTLPde|5.4731}} Das Einleuchten, von dem Russell so viel sprach, kann nur dadurch in der Logik entbehrlich werden, dass die Sprache selbst jeden logischen Fehler verhindert. – Dass die Logik a priori ist, besteht darin, dass nicht unlogisch gedacht werden {{nowrap|k a n n}}.
{{ParTLPde|5.4731}} Das Einleuchten, von dem Russell so viel sprach, kann nur dadurch in der Logik entbehrlich werden, dass die Sprache selbst jeden logischen Fehler verhindert. – Dass die Logik a priori ist, besteht darin, dass nicht unlogisch gedacht werden {{spaced text|kann}}.


{{ParTLPde|5.4732}} Wir können einem Zeichen nicht den unrechten Sinn geben.
{{ParTLPde|5.4732}} Wir können einem Zeichen nicht den unrechten Sinn geben.


{{ParTLPde|5.47321}} Occams Devise ist natürlich keine willkürliche, oder durch ihren praktischen Erfolg gerechtfertigte, Regel: Sie besagt, dass {{nowrap|u n n ö t i g e}} Zeicheneinheiten nichts bedeuten.
{{ParTLPde|5.47321}} Occams Devise ist natürlich keine willkürliche, oder durch ihren praktischen Erfolg gerechtfertigte, Regel: Sie besagt, dass {{spaced text|unnötige}} Zeicheneinheiten nichts bedeuten.


Zeichen, die {{nowrap|E i n e n}} Zweck erfüllen, sind logisch äquivalent, Zeichen, die {{nowrap|k e i n e n}} Zweck erfüllen, logisch bedeutungslos.
Zeichen, die {{spaced text|Einen}} Zweck erfüllen, sind logisch äquivalent, Zeichen, die {{spaced text|keinen}} Zweck erfüllen, logisch bedeutungslos.


{{ParTLPde|5.4733}} Frege sagt: Jeder rechtmässig gebildete Satz muss einen Sinn haben; und ich sage: Jeder mögliche Satz ist rechtmässig gebildet, und wenn er keinen Sinn hat, so kann das nur daran liegen, dass wir einigen seiner Bestandteile keine {{nowrap|B e d e u t u n g}} gegeben haben.
{{ParTLPde|5.4733}} Frege sagt: Jeder rechtmässig gebildete Satz muss einen Sinn haben; und ich sage: Jeder mögliche Satz ist rechtmässig gebildet, und wenn er keinen Sinn hat, so kann das nur daran liegen, dass wir einigen seiner Bestandteile keine {{spaced text|Bedeutung}} gegeben haben.


(Wenn wir auch glauben, es getan zu haben.)  
(Wenn wir auch glauben, es getan zu haben.)  


So sagt „Sokrates ist identisch“ darum nichts, weil wir dem Wort „identisch“ als {{nowrap|E i g e n s c h a f t s w o r t}}&nbsp; {{nowrap|k e i n e}} Bedeutung gegeben haben. Denn, wenn es als Gleichheitszeichen auftritt, so symbolisiert es auf ganz andere Art und Weise – die bezeichnende Beziehung ist eine andere, – also ist auch das Symbol in beiden Fällen ganz verschieden; die beiden Symbole haben nur das Zeichen zufällig miteinander gemein.
So sagt „Sokrates ist identisch“ darum nichts, weil wir dem Wort „identisch“ als {{spaced text|Eigenschaftswort}}&nbsp; {{spaced text|keine}} Bedeutung gegeben haben. Denn, wenn es als Gleichheitszeichen auftritt, so symbolisiert es auf ganz andere Art und Weise – die bezeichnende Beziehung ist eine andere, – also ist auch das Symbol in beiden Fällen ganz verschieden; die beiden Symbole haben nur das Zeichen zufällig miteinander gemein.


{{ParTLPde|5.474}} Die Anzahl der nötigen Grundoperationen hängt nu r von unserer Notation ab.
{{ParTLPde|5.474}} Die Anzahl der nötigen Grundoperationen hängt nu r von unserer Notation ab.
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{{ParTLPde|5.475}} Es kommt nur darauf an, ein Zeichensystem von einer bestimmten Anzahl von Dimensionen – von einer bestimmten mathematischen Mannigfaltigkeit – zu bilden.
{{ParTLPde|5.475}} Es kommt nur darauf an, ein Zeichensystem von einer bestimmten Anzahl von Dimensionen – von einer bestimmten mathematischen Mannigfaltigkeit – zu bilden.


{{ParTLPde|5.476}} Es ist klar, dass es sich hier nicht um eine {{nowrap|A n z a h l}}&nbsp; {{nowrap|v o n}}&nbsp; {{nowrap|G r u n d b e g r i f f e n}} handelt, die bezeichnet werden müssen, sondern um den Ausdruck einer Regel.
{{ParTLPde|5.476}} Es ist klar, dass es sich hier nicht um eine {{spaced text|Anzahl}}&nbsp; {{spaced text|von}}&nbsp; {{spaced text|Grundbegriffen}} handelt, die bezeichnet werden müssen, sondern um den Ausdruck einer Regel.


{{ParTLPde|5.5}} Jede Wahrheitsfunktion ist ein Resultat der successiven Anwendung der Operation (– – – – –W)(''ξ, . . . .'') auf Elementarsätze.
{{ParTLPde|5.5}} Jede Wahrheitsfunktion ist ein Resultat der successiven Anwendung der Operation (– – – – –W)(''ξ, . . . .'') auf Elementarsätze.
Line 1,310: Line 1,310:
Wie die Beschreibung der Glieder des Klammerausdruckes geschieht, ist unwesentlich.
Wie die Beschreibung der Glieder des Klammerausdruckes geschieht, ist unwesentlich.


Wir {{nowrap|k ö n n e n}} drei Arten der Beschreibung unterscheiden: 1. Die direkte Aufzählung. In diesem Fall können wir statt der Variablen einfach ihre konstanten Werte setzen. 2. Die Angabe einer Funktion ''fx'', deren Werte für alle Werte von ''x'' die zu beschreibenden Sätze sind. 3. Die Angabe eines formalen Gesetzes, nach welchem jene Sätze gebildet sind. In diesem Falle sind die Glieder des Klammerausdrucks sämtliche Glieder einer Formenreihe.
Wir {{spaced text|können}} drei Arten der Beschreibung unterscheiden: 1. Die direkte Aufzählung. In diesem Fall können wir statt der Variablen einfach ihre konstanten Werte setzen. 2. Die Angabe einer Funktion ''fx'', deren Werte für alle Werte von ''x'' die zu beschreibenden Sätze sind. 3. Die Angabe eines formalen Gesetzes, nach welchem jene Sätze gebildet sind. In diesem Falle sind die Glieder des Klammerausdrucks sämtliche Glieder einer Formenreihe.


{{ParTLPde|5.502}} Ich schreibe also statt „(– – – – –W)(''ξ, . . . .'')“ „''N'' (<math>\bar{\xi}</math>)“.
{{ParTLPde|5.502}} Ich schreibe also statt „(– – – – –W)(''ξ, . . . .'')“ „''N'' (<math>\bar{\xi}</math>)“.
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Aber auch hier ist ja der negative Satz indirekt durch den positiven gebildet.
Aber auch hier ist ja der negative Satz indirekt durch den positiven gebildet.


Der positive {{nowrap|S a t z}} muss die Existenz des negativen {{nowrap|S a t z e s}} voraussetzen und umgekehrt.
Der positive {{spaced text|Satz}} muss die Existenz des negativen {{spaced text|Satzes}} voraussetzen und umgekehrt.


{{ParTLPde|5.52}} Sind die Werte von ''ξ'' sämtliche Werte einer Funktion ''fx'' für alle Werte von ''x'', so wird ''N'' (<math>\bar{\xi}</math>) = ∼(∃''x'') ''. fx''.
{{ParTLPde|5.52}} Sind die Werte von ''ξ'' sämtliche Werte einer Funktion ''fx'' für alle Werte von ''x'', so wird ''N'' (<math>\bar{\xi}</math>) = ∼(∃''x'') ''. fx''.


{{ParTLPde|5.521}} Ich trenne den Begriff {{nowrap|A l l e}} von der Wahrheitsfunktion.
{{ParTLPde|5.521}} Ich trenne den Begriff {{spaced text|Alle}} von der Wahrheitsfunktion.


Frege und Russell haben die Allgemeinheit in Verbindung mit dem logischen Produkt oder der logischen Summe eingeführt. So wurde es schwer, die Sätze „(∃''x'') ''. fx''“ und „(''x'') ''. fx''“, in welchen beide Ideen beschlossen liegen, zu verstehen.
Frege und Russell haben die Allgemeinheit in Verbindung mit dem logischen Produkt oder der logischen Summe eingeführt. So wurde es schwer, die Sätze „(∃''x'') ''. fx''“ und „(''x'') ''. fx''“, in welchen beide Ideen beschlossen liegen, zu verstehen.
Line 1,356: Line 1,356:
{{ParTLPde|5.523}} Die Allgemeinheitsbezeichnung tritt als Argument auf.
{{ParTLPde|5.523}} Die Allgemeinheitsbezeichnung tritt als Argument auf.


{{ParTLPde|5.524}} Wenn die Gegenstände gegeben sind, so sind uns damit auch schon {{nowrap|a l l e}} Gegenstände gegeben.
{{ParTLPde|5.524}} Wenn die Gegenstände gegeben sind, so sind uns damit auch schon {{spaced text|alle}} Gegenstände gegeben.


Wenn die Elementarsätze gegeben sind, so sind damit auch {{nowrap|a l l e}} Elementarsätze gegeben.
Wenn die Elementarsätze gegeben sind, so sind damit auch {{spaced text|alle}} Elementarsätze gegeben.


{{ParTLPde|5.525}} Es ist unrichtig, den Satz „(∃''x'') ''. fx''“ – wie Russell dies tut – in Worten durch „''fx'' ist {{nowrap|m ö g l i c h}}“ wiederzugeben.
{{ParTLPde|5.525}} Es ist unrichtig, den Satz „(∃''x'') ''. fx''“ – wie Russell dies tut – in Worten durch „''fx'' ist {{spaced text|möglich}}“ wiederzugeben.


Gewissheit, Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Sachlage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern dadurch, dass ein Ausdruck eine Tautologie, ein sinnvoller Satz, oder eine Kontradiktion ist.
Gewissheit, Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Sachlage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern dadurch, dass ein Ausdruck eine Tautologie, ein sinnvoller Satz, oder eine Kontradiktion ist.
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{{ParTLPde|5.5261}} Ein vollkommen verallgemeinerter Satz ist, wie jeder andere Satz zusammengesetzt. (Dies zeigt sich daran, dass wir in „(∃''x, φ'')''.φx''“ „''φ''“ und „''x''“ getrennt erwähnen müssen. Beide stehen unabhängig in bezeichnenden Beziehungen zur Welt, wie im unverallgemeinerten Satz.)
{{ParTLPde|5.5261}} Ein vollkommen verallgemeinerter Satz ist, wie jeder andere Satz zusammengesetzt. (Dies zeigt sich daran, dass wir in „(∃''x, φ'')''.φx''“ „''φ''“ und „''x''“ getrennt erwähnen müssen. Beide stehen unabhängig in bezeichnenden Beziehungen zur Welt, wie im unverallgemeinerten Satz.)


Kennzeichen des zusammengesetzten Symbols: Es hat etwas mit {{nowrap|a n d e r e n}} Symbolen gemeinsam.
Kennzeichen des zusammengesetzten Symbols: Es hat etwas mit {{spaced text|anderen}} Symbolen gemeinsam.


{{ParTLPde|5.5262}} Es verändert ja die Wahr- oder Falschheit {{nowrap|j e d e s}} Satzes etwas am allgemeinen Bau der Welt. Und der Spielraum, welcher ihrem Bau durch die Gesamtheit der Elementarsätze gelassen wird, ist eben derjenige, welchen die ganz allgemeinen Sätze begrenzen.
{{ParTLPde|5.5262}} Es verändert ja die Wahr- oder Falschheit {{spaced text|jedes}} Satzes etwas am allgemeinen Bau der Welt. Und der Spielraum, welcher ihrem Bau durch die Gesamtheit der Elementarsätze gelassen wird, ist eben derjenige, welchen die ganz allgemeinen Sätze begrenzen.


(Wenn ein Elementarsatz wahr ist, so ist damit doch jedenfalls Ein Elementarsatz {{nowrap|m e h r}} wahr.)
(Wenn ein Elementarsatz wahr ist, so ist damit doch jedenfalls Ein Elementarsatz {{spaced text|mehr}} wahr.)


{{ParTLPde|5.53}} Gleichheit des Gegenstandes drücke ich durch Gleichheit des Zeichens aus, und nicht mit Hilfe eines Gleichheitszeichens. Verschiedenheit der Gegenstände durch Verschiedenheit der Zeichen.
{{ParTLPde|5.53}} Gleichheit des Gegenstandes drücke ich durch Gleichheit des Zeichens aus, und nicht mit Hilfe eines Gleichheitszeichens. Verschiedenheit der Gegenstände durch Verschiedenheit der Zeichen.


{{ParTLPde|5.5301}} Dass die Identität keine Relation zwischen Gegenständen ist, leuchtet ein. Dies wird sehr klar, wenn man z. B. den Satz „(''x'') : ''fx.'' ⊃'' .x'' = ''a''“ betrachtet. Was dieser Satz sagt, ist einfach, dass {{nowrap|n u r}} ''a'' der Funktion ''f'' genügt, und nicht, dass nur solche Dinge der Funktion ''f'' genügen, welche eine gewisse Beziehung zu ''a'' haben.
{{ParTLPde|5.5301}} Dass die Identität keine Relation zwischen Gegenständen ist, leuchtet ein. Dies wird sehr klar, wenn man z. B. den Satz „(''x'') : ''fx.'' ⊃'' .x'' = ''a''“ betrachtet. Was dieser Satz sagt, ist einfach, dass {{spaced text|nur}} ''a'' der Funktion ''f'' genügt, und nicht, dass nur solche Dinge der Funktion ''f'' genügen, welche eine gewisse Beziehung zu ''a'' haben.


Man könnte nun freilich sagen, dass eben {{nowrap|n u r}} ''a'' diese Beziehung zu ''a'' habe, aber um dies auszudrücken, brauchten wir das Gleichheitszeichen selber.
Man könnte nun freilich sagen, dass eben {{spaced text|nur}} ''a'' diese Beziehung zu ''a'' habe, aber um dies auszudrücken, brauchten wir das Gleichheitszeichen selber.


{{ParTLPde|5.5302}} Russells Definition von „=“ genügt nicht; weil man nach ihr nicht sagen kann, dass zwei Gegenstände alle Eigenschaften gemeinsam haben. (Selbst wenn dieser Satz nie richtig ist, hat er doch {{nowrap|S i n n}}.)
{{ParTLPde|5.5302}} Russells Definition von „=“ genügt nicht; weil man nach ihr nicht sagen kann, dass zwei Gegenstände alle Eigenschaften gemeinsam haben. (Selbst wenn dieser Satz nie richtig ist, hat er doch {{spaced text|Sinn}}.)


{{ParTLPde|5.5303}} Beiläufig gesprochen: Von {{nowrap|z w e i}} Dingen zu sagen, sie seien identisch, ist ein Unsinn, und von {{nowrap|E i n e m}} zu sagen, es sei identisch mit sich selbst, sagt gar nichts.
{{ParTLPde|5.5303}} Beiläufig gesprochen: Von {{spaced text|zwei}} Dingen zu sagen, sie seien identisch, ist ein Unsinn, und von {{spaced text|Einem}} zu sagen, es sei identisch mit sich selbst, sagt gar nichts.


{{ParTLPde|5.531}} Ich schreibe also nicht „''f'' (''a, b'') ''. a'' = ''b''“, sondern „''f'' (''a, a'')“ (oder „''f'' (''b, b'')“). Und nicht „''f'' (''a, b'') ''.'' ∼''a'' = ''b''“, sondern „''f'' (''a, b'')“.
{{ParTLPde|5.531}} Ich schreibe also nicht „''f'' (''a, b'') ''. a'' = ''b''“, sondern „''f'' (''a, a'')“ (oder „''f'' (''b, b'')“). Und nicht „''f'' (''a, b'') ''.'' ∼''a'' = ''b''“, sondern „''f'' (''a, b'')“.
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{{ParTLPde|5.5321}} Statt „(''x'') : ''fx'' ⊃ ''x'' = ''a''“ schreiben wir also z. B. „(∃''x'') ''. fx.'' ⊃ ''.fa'' : ∼(∃''x, y'') ''. fx . fy''“.
{{ParTLPde|5.5321}} Statt „(''x'') : ''fx'' ⊃ ''x'' = ''a''“ schreiben wir also z. B. „(∃''x'') ''. fx.'' ⊃ ''.fa'' : ∼(∃''x, y'') ''. fx . fy''“.


Und der Satz „{{nowrap|n u r}} Ein ''x'' befriedigt ''f'' ()“ lautet: „(∃''x'') ''. fx'' : ∼(∃''x, y'') ''. fx . fy''“.
Und der Satz „{{spaced text|nur}} Ein ''x'' befriedigt ''f'' ()“ lautet: „(∃''x'') ''. fx'' : ∼(∃''x, y'') ''. fx . fy''“.


{{ParTLPde|5.533}} Das Gleichheitszeichen ist also kein wesentlicher Bestandteil der Begriffsschrift.
{{ParTLPde|5.533}} Das Gleichheitszeichen ist also kein wesentlicher Bestandteil der Begriffsschrift.
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(Es ist schon darum Unsinn, die Hypothese ''p'' ⊃ ''p'' vor einen Satz zu stellen, um ihm Argumente der richtigen Form zu sichern, weil die Hypothese für einen Nicht-Satz als Argument nicht falsch, sondern unsinnig wird, und weil der Satz selbst durch die unrichtige Gattung von Argumenten unsinnig wird, also sich selbst ebenso gut, oder so schlecht, vor den unrechten Argumenten bewahrt, wie die zu diesem Zweck angehängte sinnlose Hypothese.)
(Es ist schon darum Unsinn, die Hypothese ''p'' ⊃ ''p'' vor einen Satz zu stellen, um ihm Argumente der richtigen Form zu sichern, weil die Hypothese für einen Nicht-Satz als Argument nicht falsch, sondern unsinnig wird, und weil der Satz selbst durch die unrichtige Gattung von Argumenten unsinnig wird, also sich selbst ebenso gut, oder so schlecht, vor den unrechten Argumenten bewahrt, wie die zu diesem Zweck angehängte sinnlose Hypothese.)


{{ParTLPde|5.5352}} Ebenso wollte man „Es gibt keine {{nowrap|D i n g e}}“ ausdrücken durch „∼(∃''x'') ''. x'' = ''x''“. Aber selbst wenn dies ein Satz wäre, – wäre er nicht auch wahr, wenn es zwar „Dinge gäbe“, aber diese nicht mit sich selbst identisch wären?
{{ParTLPde|5.5352}} Ebenso wollte man „Es gibt keine {{spaced text|Dinge}}“ ausdrücken durch „∼(∃''x'') ''. x'' = ''x''“. Aber selbst wenn dies ein Satz wäre, – wäre er nicht auch wahr, wenn es zwar „Dinge gäbe“, aber diese nicht mit sich selbst identisch wären?


{{ParTLPde|5.54}} In der allgemeinen Satzform kommt der Satz im Satze nur als Basis der Wahrheitsoperationen vor.
{{ParTLPde|5.54}} In der allgemeinen Satzform kommt der Satz im Satze nur als Basis der Wahrheitsoperationen vor.
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(Und wenn wir in die Lage kommen, ein solches Problem durch Ansehen der Welt beantworten zu müssen, so zeigt dies, dass wir auf grundfalscher Fährte sind.)
(Und wenn wir in die Lage kommen, ein solches Problem durch Ansehen der Welt beantworten zu müssen, so zeigt dies, dass wir auf grundfalscher Fährte sind.)


{{ParTLPde|5.552}} Die „Erfahrung“, die wir zum Verstehen der Logik brauchen, ist nicht die, dass sich etwas so und so verhält, sondern, dass etwas {{nowrap|i s t}}: aber das ist eben {{nowrap|k e i n e}} Erfahrung.
{{ParTLPde|5.552}} Die „Erfahrung“, die wir zum Verstehen der Logik brauchen, ist nicht die, dass sich etwas so und so verhält, sondern, dass etwas {{spaced text|ist}}: aber das ist eben {{spaced text|keine}} Erfahrung.


Die Logik ist {{nowrap|v o r}} jeder Erfahrung – dass etwas {{nowrap|s o}} ist. Sie ist vor dem Wie, nicht vor dem Was.
Die Logik ist {{spaced text|vor}} jeder Erfahrung – dass etwas {{spaced text|so}} ist. Sie ist vor dem Wie, nicht vor dem Was.


{{ParTLPde|5.5521}} Und wenn dies nicht so wäre, wie könnten wir die Logik anwenden? Man könnte sagen: Wenn es eine Logik gäbe, auch wenn es keine Welt gäbe, wie könnte es dann eine Logik geben, da es eine Welt gibt.
{{ParTLPde|5.5521}} Und wenn dies nicht so wäre, wie könnten wir die Logik anwenden? Man könnte sagen: Wenn es eine Logik gäbe, auch wenn es keine Welt gäbe, wie könnte es dann eine Logik geben, da es eine Welt gibt.
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{{ParTLPde|5.5542}} Dürfen wir denn aber überhaupt so fragen? Können wir eine Zeichenform aufstellen und nicht wissen, ob ihr etwas entsprechen könne?
{{ParTLPde|5.5542}} Dürfen wir denn aber überhaupt so fragen? Können wir eine Zeichenform aufstellen und nicht wissen, ob ihr etwas entsprechen könne?


Hat die Frage einen Sinn: Was muss {{nowrap|s e i n}}, damit etwas der-Fall-sein kann?
Hat die Frage einen Sinn: Was muss {{spaced text|sein}}, damit etwas der-Fall-sein kann?


{{ParTLPde|5.555}} Es ist klar, wir haben vom Elementarsatz einen Begriff, abgesehen von seiner besonderen logischen Form.
{{ParTLPde|5.555}} Es ist klar, wir haben vom Elementarsatz einen Begriff, abgesehen von seiner besonderen logischen Form.
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(Unsere Probleme sind nicht abstrakt, sondern vielleicht die konkretesten, die es gibt.)
(Unsere Probleme sind nicht abstrakt, sondern vielleicht die konkretesten, die es gibt.)


{{ParTLPde|5.557}} Die {{nowrap|A n we n d u n g}} der Logik entscheidet darüber, welche Elementarsätze es gibt.
{{ParTLPde|5.557}} Die {{spaced text|Anwendung}} der Logik entscheidet darüber, welche Elementarsätze es gibt.


Was in der Anwendung liegt, kann die Logik nicht vorausnehmen.
Was in der Anwendung liegt, kann die Logik nicht vorausnehmen.
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{{ParTLPde|5.5571}} Wenn ich die Elementarsätze nicht a priori angeben kann, dann muss es zu offenbarem Unsinn führen, sie angeben zu wollen.
{{ParTLPde|5.5571}} Wenn ich die Elementarsätze nicht a priori angeben kann, dann muss es zu offenbarem Unsinn führen, sie angeben zu wollen.


{{ParTLPde|5.6}}&nbsp; {{nowrap|D i e}}&nbsp; {{nowrap|G r e n z e n}}&nbsp; {{nowrap|m e i n e r}}&nbsp; {{nowrap|S p r a c h e}} bedeuten die Grenzen meiner Welt.
{{ParTLPde|5.6}}&nbsp; {{spaced text|Die}}&nbsp; {{spaced text|Grenzen}}&nbsp; {{spaced text|meiner}}&nbsp; {{spaced text|Sprache}} bedeuten die Grenzen meiner Welt.


{{ParTLPde|5.61}} Die Logik erfüllt die Welt; die Grenzen der Welt sind auch ihre Grenzen.
{{ParTLPde|5.61}} Die Logik erfüllt die Welt; die Grenzen der Welt sind auch ihre Grenzen.
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Das würde nämlich scheinbar voraussetzen, dass wir gewisse Möglichkeiten ausschliessen und dies kann nicht der Fall sein, da sonst die Logik über die Grenzen der Welt hinaus müsste; wenn sie nämlich diese Grenzen auch von der anderen Seite betrachten könnte.
Das würde nämlich scheinbar voraussetzen, dass wir gewisse Möglichkeiten ausschliessen und dies kann nicht der Fall sein, da sonst die Logik über die Grenzen der Welt hinaus müsste; wenn sie nämlich diese Grenzen auch von der anderen Seite betrachten könnte.


Was wir nicht denken können, das können wir nicht denken; wir können also auch nicht {{nowrap|s a g e n}}, was wir nicht denken können.
Was wir nicht denken können, das können wir nicht denken; wir können also auch nicht {{spaced text|sagen}}, was wir nicht denken können.


{{ParTLPde|5.62}} Diese Bemerkung gibt den Schlüssel zur Entscheidung der Frage, inwieweit der Solipsismus eine Wahrheit ist.
{{ParTLPde|5.62}} Diese Bemerkung gibt den Schlüssel zur Entscheidung der Frage, inwieweit der Solipsismus eine Wahrheit ist.


Was der Solipsismus nämlich {{nowrap|m e i n t}}, ist ganz richtig, nur lässt es sich nicht {{nowrap|s a g e n}}, sondern es zeigt sich.
Was der Solipsismus nämlich {{spaced text|meint}}, ist ganz richtig, nur lässt es sich nicht {{spaced text|sagen}}, sondern es zeigt sich.


Dass die Welt {{nowrap|m e i n e}} Welt ist, das zeigt sich darin, dass die Grenzen {{nowrap|d e r}} Sprache (der Sprache, die allein ich verstehe) die Grenzen {{nowrap|m e i n e r}} Welt bedeuten.
Dass die Welt {{spaced text|meine}} Welt ist, das zeigt sich darin, dass die Grenzen {{spaced text|der}} Sprache (der Sprache, die allein ich verstehe) die Grenzen {{spaced text|meiner}} Welt bedeuten.


{{ParTLPde|5.621}} Die Welt und das Leben sind Eins.
{{ParTLPde|5.621}} Die Welt und das Leben sind Eins.
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{{ParTLPde|5.631}} Das denkende, vorstellende, Subjekt gibt es nicht.
{{ParTLPde|5.631}} Das denkende, vorstellende, Subjekt gibt es nicht.


Wenn ich ein Buch schriebe „Die Welt, wie ich sie vorfand“, so wäre darin auch über meinen Leib zu berichten und zu sagen, welche Glieder meinem Willen unterstehen und welche nicht etc., dies ist nämlich eine Methode, das Subjekt zu isolieren, oder vielmehr zu zeigen, dass es in einem wichtigen Sinne kein Subjekt gibt: Von ihm allein nämlich könnte in diesem Buche {{nowrap|n i c h t}} die Rede sein. –  
Wenn ich ein Buch schriebe „Die Welt, wie ich sie vorfand“, so wäre darin auch über meinen Leib zu berichten und zu sagen, welche Glieder meinem Willen unterstehen und welche nicht etc., dies ist nämlich eine Methode, das Subjekt zu isolieren, oder vielmehr zu zeigen, dass es in einem wichtigen Sinne kein Subjekt gibt: Von ihm allein nämlich könnte in diesem Buche {{spaced text|nicht}} die Rede sein. –  


{{ParTLPde|5.632}} Das Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der Welt.
{{ParTLPde|5.632}} Das Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der Welt.
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{{ParTLPde|5.633}} Wo in der Welt ist ein metaphysisches Subjekt zu merken?
{{ParTLPde|5.633}} Wo in der Welt ist ein metaphysisches Subjekt zu merken?


Du sagst, es verhält sich hier ganz, wie mit Auge und Gesichtsfeld. Aber das Auge siehst du wirklich {{nowrap|n i c h t}}.
Du sagst, es verhält sich hier ganz, wie mit Auge und Gesichtsfeld. Aber das Auge siehst du wirklich {{spaced text|nicht}}.


Und nichts {{nowrap|a m}}&nbsp; {{nowrap|G e s i c h t s f e l d}} lässt darauf schliessen, dass es von einem Auge gesehen wird.
Und nichts {{spaced text|am}}&nbsp; {{spaced text|Gesichtsfeld}} lässt darauf schliessen, dass es von einem Auge gesehen wird.


{{ParTLPde|5.6331}} Das Gesichtsfeld hat nämlich nicht etwa eine solche Form:
{{ParTLPde|5.6331}} Das Gesichtsfeld hat nämlich nicht etwa eine solche Form:
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{{ParTLPde|6.031}} Die Theorie der Klassen ist in der Mathematik ganz überflüssig.
{{ParTLPde|6.031}} Die Theorie der Klassen ist in der Mathematik ganz überflüssig.


Dies hängt damit zusammen, dass die Allgemeinheit, welche wir in der Mathematik brauchen, nicht die {{nowrap|z u f ä l l i g e}} ist.
Dies hängt damit zusammen, dass die Allgemeinheit, welche wir in der Mathematik brauchen, nicht die {{spaced text|zufällige}} ist.


{{ParTLPde|6.1}} Die Sätze der Logik sind Tautologien.
{{ParTLPde|6.1}} Die Sätze der Logik sind Tautologien.
Line 1,604: Line 1,604:
{{ParTLPde|6.112}} Die richtige Erklärung der logischen Sätze muss ihnen eine einzigartige Stellung unter allen Sätzen geben.
{{ParTLPde|6.112}} Die richtige Erklärung der logischen Sätze muss ihnen eine einzigartige Stellung unter allen Sätzen geben.


{{ParTLPde|6.113}} Es ist das besondere Merkmal der logischen Sätze, dass man am Symbol allein erkennen kann, dass sie wahr sind, und diese Tatsache schliesst die ganze Philosophie der Logik in sich. Und so ist es auch eine der wichtigsten Tatsachen, dass sich die Wahrheit oder Falschheit der nicht-logischen Sätze {{nowrap|n i c h t}} am Satz allein erkennen lässt.
{{ParTLPde|6.113}} Es ist das besondere Merkmal der logischen Sätze, dass man am Symbol allein erkennen kann, dass sie wahr sind, und diese Tatsache schliesst die ganze Philosophie der Logik in sich. Und so ist es auch eine der wichtigsten Tatsachen, dass sich die Wahrheit oder Falschheit der nicht-logischen Sätze {{spaced text|nicht}} am Satz allein erkennen lässt.


{{ParTLPde|6.12}} Dass die Sätze der Logik Tautologien sind, das {{nowrap|z e i g t}} die formalen – logischen – Eigenschaften der Sprache, der Welt.
{{ParTLPde|6.12}} Dass die Sätze der Logik Tautologien sind, das {{spaced text|zeigt}} die formalen – logischen – Eigenschaften der Sprache, der Welt.


Dass ihre Bestandteile {{nowrap|s o}} verknüpft eine Tautologie ergeben, das charakterisiert die Logik ihrer Bestandteile.
Dass ihre Bestandteile {{spaced text|so}} verknüpft eine Tautologie ergeben, das charakterisiert die Logik ihrer Bestandteile.


Damit Sätze, auf bestimmte Art und Weise verknüpft, eine Tautologie ergeben, dazu müssen sie bestimmte Eigenschaften der Struktur haben. Dass sie {{nowrap|s o}} verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt also, dass sie diese Eigenschaften der Struktur besitzen.
Damit Sätze, auf bestimmte Art und Weise verknüpft, eine Tautologie ergeben, dazu müssen sie bestimmte Eigenschaften der Struktur haben. Dass sie {{spaced text|so}} verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt also, dass sie diese Eigenschaften der Struktur besitzen.


<span name="_bookmark961"></span>6.1201 Dass z. B. die Sätze „''p''“ und „∼''p''“ in der Verbindung „∼(''p.''∼''p'')“ eine Tautologie ergeben, zeigt, dass sie einander widersprechen. Dass die Sätze „''p'' ⊃ ''q''“, „''p''“ und „''q''“ in der Form „(''p'' ⊃ ''q'')''.''(''p'') : ⊃ : (''q'')“ miteinander verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt, dass ''q'' aus ''p'' und ''p'' ⊃ ''q'' folgt. Dass „(''x'') ''. fx'' : ⊃ : ''fa''“ eine Tautologie ist, dass ''fa'' aus (''x'') ''. fx'' folgt. etc. etc.
<span name="_bookmark961"></span>6.1201 Dass z. B. die Sätze „''p''“ und „∼''p''“ in der Verbindung „∼(''p.''∼''p'')“ eine Tautologie ergeben, zeigt, dass sie einander widersprechen. Dass die Sätze „''p'' ⊃ ''q''“, „''p''“ und „''q''“ in der Form „(''p'' ⊃ ''q'')''.''(''p'') : ⊃ : (''q'')“ miteinander verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt, dass ''q'' aus ''p'' und ''p'' ⊃ ''q'' folgt. Dass „(''x'') ''. fx'' : ⊃ : ''fa''“ eine Tautologie ist, dass ''fa'' aus (''x'') ''. fx'' folgt. etc. etc.
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[[File:TLP 6.1203e.png|200px|center|link=]]
[[File:TLP 6.1203e.png|200px|center|link=]]


Setzen wir hier statt „''q''“ „''p''“ ein und untersuchen die Verbindung der äussersten W und F mit den innersten, so ergibt sich, dass die Wahrheit des ganzen Satzes {{nowrap|a l l e n}} Wahrheitskombinationen seines Argumentes, seine Falschheit keiner der Wahrheitskombinationen zugeordnet ist.
Setzen wir hier statt „''q''“ „''p''“ ein und untersuchen die Verbindung der äussersten W und F mit den innersten, so ergibt sich, dass die Wahrheit des ganzen Satzes {{spaced text|allen}} Wahrheitskombinationen seines Argumentes, seine Falschheit keiner der Wahrheitskombinationen zugeordnet ist.


{{ParTLPde|6.121}} Die Sätze der Logik demonstrieren die logischen Eigenschaften der Sätze, indem sie sie zu nichtssagenden Sätzen verbinden.
{{ParTLPde|6.121}} Die Sätze der Logik demonstrieren die logischen Eigenschaften der Sätze, indem sie sie zu nichtssagenden Sätzen verbinden.
Line 1,646: Line 1,646:
{{ParTLPde|6.1221}} Ergeben z. B. zwei Sätze „''p''“ und „''q''“ in der Verbindung „''p'' ⊃ ''q''“ eine Tautologie, so ist klar, dass ''q'' aus ''p'' folgt.
{{ParTLPde|6.1221}} Ergeben z. B. zwei Sätze „''p''“ und „''q''“ in der Verbindung „''p'' ⊃ ''q''“ eine Tautologie, so ist klar, dass ''q'' aus ''p'' folgt.


Dass z. B. „''q''“ aus „''p'' ⊃ ''q . p''“ folgt, ersehen wir aus diesen beiden Sätzen selbst, aber wir können es auch {{nowrap|s o}} zeigen, indem wir sie zu „''p'' ⊃ ''q . p'' : ⊃ : ''q''“ verbinden und nun zeigen, dass dies eine Tautologie ist.
Dass z. B. „''q''“ aus „''p'' ⊃ ''q . p''“ folgt, ersehen wir aus diesen beiden Sätzen selbst, aber wir können es auch {{spaced text|so}} zeigen, indem wir sie zu „''p'' ⊃ ''q . p'' : ⊃ : ''q''“ verbinden und nun zeigen, dass dies eine Tautologie ist.


{{ParTLPde|6.1222}} Dies wirft ein Licht auf die Frage, warum die logischen Sätze nicht durch die Erfahrung bestätigt werden können, ebenso wenig, wie sie durch die Erfahrung widerlegt werden können. Nicht nur muss ein Satz der Logik durch keine mögliche Erfahrung widerlegt werden können, sondern er darf auch nicht durch eine solche bestätigt werden können.
{{ParTLPde|6.1222}} Dies wirft ein Licht auf die Frage, warum die logischen Sätze nicht durch die Erfahrung bestätigt werden können, ebenso wenig, wie sie durch die Erfahrung widerlegt werden können. Nicht nur muss ein Satz der Logik durch keine mögliche Erfahrung widerlegt werden können, sondern er darf auch nicht durch eine solche bestätigt werden können.


{{ParTLPde|6.1223}} Nun wird klar, warum man oft fühlte, als wären die „logischen Wahrheiten“ von uns zu „{{nowrap|f o r d e r n}}“: Wir können sie nämlich insofern fordern, als wir eine genügende Notation fordern können.
{{ParTLPde|6.1223}} Nun wird klar, warum man oft fühlte, als wären die „logischen Wahrheiten“ von uns zu „{{spaced text|fordern}}“: Wir können sie nämlich insofern fordern, als wir eine genügende Notation fordern können.


{{ParTLPde|6.1224}} Es wird jetzt auch klar, warum die Logik die Lehre von den Formen und vom Schliessen genannt wurde.
{{ParTLPde|6.1224}} Es wird jetzt auch klar, warum die Logik die Lehre von den Formen und vom Schliessen genannt wurde.
Line 1,658: Line 1,658:
(Es gibt nicht, wie Russell meinte, für jede „Type“ ein eigenes Gesetz des Widerspruches, sondern Eines genügt, da es auf sich selbst nicht angewendet wird.)
(Es gibt nicht, wie Russell meinte, für jede „Type“ ein eigenes Gesetz des Widerspruches, sondern Eines genügt, da es auf sich selbst nicht angewendet wird.)


{{ParTLPde|6.1231}} Das Anzeichen des logischen Satzes ist {{nowrap|n i c h t}} die Allgemeingültigkeit.
{{ParTLPde|6.1231}} Das Anzeichen des logischen Satzes ist {{spaced text|nicht}} die Allgemeingültigkeit.


Allgemein sein, heisst ja nur: Zufälligerweise für alle Dinge gelten. Ein unverallgemeinerter Satz kann ja ebensowohl tautologisch sein, als ein verallgemeinerter.
Allgemein sein, heisst ja nur: Zufälligerweise für alle Dinge gelten. Ein unverallgemeinerter Satz kann ja ebensowohl tautologisch sein, als ein verallgemeinerter.
Line 1,666: Line 1,666:
{{ParTLPde|6.1233}} Es lässt sich eine Welt denken, in der das Axiom of reducibility nicht gilt. Es ist aber klar, dass die Logik nichts mit der Frage zu schaffen hat, ob unsere Welt wirklich so ist oder nicht.
{{ParTLPde|6.1233}} Es lässt sich eine Welt denken, in der das Axiom of reducibility nicht gilt. Es ist aber klar, dass die Logik nichts mit der Frage zu schaffen hat, ob unsere Welt wirklich so ist oder nicht.


{{ParTLPde|6.124}} Die logischen Sätze beschreiben das Gerüst der Welt, oder vielmehr, sie stellen es dar. Sie „handeln“ von nichts. Sie setzen voraus, dass Namen Bedeutung, und Elementarsätze Sinn haben: Und dies ist ihre Verbindung mit der Welt. Es ist klar, dass es etwas über die Welt anzeigen muss, dass gewisse Verbindungen von Symbolen – welche wesentlich einen bestimmten Charakter haben – Tautologien sind. Hierin liegt das Entscheidende. Wir sagten, manches an den Symbolen, die wir gebrauchen, wäre willkürlich, manches nicht. In der Logik drückt nur dieses aus: Dass heisst aber, in der Logik drücken nicht {{nowrap|w i r}} mit Hilfe der Zeichen aus, was wir wollen, sondern in der Logik sagt die Natur der naturnotwendigen Zeichen selbst aus: Wenn wir die logische Syntax irgend einer Zeichensprache kennen, dann sind bereits alle Sätze der Logik gegeben.
{{ParTLPde|6.124}} Die logischen Sätze beschreiben das Gerüst der Welt, oder vielmehr, sie stellen es dar. Sie „handeln“ von nichts. Sie setzen voraus, dass Namen Bedeutung, und Elementarsätze Sinn haben: Und dies ist ihre Verbindung mit der Welt. Es ist klar, dass es etwas über die Welt anzeigen muss, dass gewisse Verbindungen von Symbolen – welche wesentlich einen bestimmten Charakter haben – Tautologien sind. Hierin liegt das Entscheidende. Wir sagten, manches an den Symbolen, die wir gebrauchen, wäre willkürlich, manches nicht. In der Logik drückt nur dieses aus: Dass heisst aber, in der Logik drücken nicht {{spaced text|wir}} mit Hilfe der Zeichen aus, was wir wollen, sondern in der Logik sagt die Natur der naturnotwendigen Zeichen selbst aus: Wenn wir die logische Syntax irgend einer Zeichensprache kennen, dann sind bereits alle Sätze der Logik gegeben.


{{ParTLPde|6.125}} Es ist möglich, und zwar auch nach der alten Auffassung der Logik, von vornherein eine Beschreibung aller „wahren“ logischen Sätze zu geben.
{{ParTLPde|6.125}} Es ist möglich, und zwar auch nach der alten Auffassung der Logik, von vornherein eine Beschreibung aller „wahren“ logischen Sätze zu geben.


{{ParTLPde|6.1251}} Darum kann es in der Logik auch {{nowrap|n i e}} Überraschungen geben.
{{ParTLPde|6.1251}} Darum kann es in der Logik auch {{spaced text|nie}} Überraschungen geben.


{{ParTLPde|6.126}} Ob ein Satz der Logik angehört, kann man berechnen, indem man die logischen Eigenschaften des {{nowrap|S y m b o l s}} berechnet.
{{ParTLPde|6.126}} Ob ein Satz der Logik angehört, kann man berechnen, indem man die logischen Eigenschaften des {{spaced text|Symbols}} berechnet.
Und dies tun wir, wenn wir einen logischen Satz „beweisen“. Denn, ohne uns um einen Sinn und eine Bedeutung zu kümmern, bilden wir den logischen Satz aus anderen nach blossen {{nowrap|Z e i ch e n r e g e l n}}.
Und dies tun wir, wenn wir einen logischen Satz „beweisen“. Denn, ohne uns um einen Sinn und eine Bedeutung zu kümmern, bilden wir den logischen Satz aus anderen nach blossen {{spaced text|Zeichenregeln}}.


Der Beweis der logischen Sätze besteht darin, dass wir sie aus anderen logischen Sätzen durch successive Anwendung gewisser Operationen entstehen lassen, die aus den ersten immer wieder Tautologien erzeugen. (Und zwar {{nowrap|f o l g e n}} aus einer Tautologie nur Tautologien.)
Der Beweis der logischen Sätze besteht darin, dass wir sie aus anderen logischen Sätzen durch successive Anwendung gewisser Operationen entstehen lassen, die aus den ersten immer wieder Tautologien erzeugen. (Und zwar {{spaced text|folgen}} aus einer Tautologie nur Tautologien.)


Natürlich ist diese Art zu zeigen, dass ihre Sätze Tautologien sind, der Logik durchaus unwesentlich. Schon darum, weil die Sätze, von welchen der Beweis ausgeht, ja ohne Beweis zeigen müssen, dass sie Tautologien sind.
Natürlich ist diese Art zu zeigen, dass ihre Sätze Tautologien sind, der Logik durchaus unwesentlich. Schon darum, weil die Sätze, von welchen der Beweis ausgeht, ja ohne Beweis zeigen müssen, dass sie Tautologien sind.
Line 1,683: Line 1,683:
{{ParTLPde|6.1262}} Der Beweis in der Logik ist nur ein mechanisches Hilfsmittel zum leichteren Erkennen der Tautologie, wo sie kompliziert ist.
{{ParTLPde|6.1262}} Der Beweis in der Logik ist nur ein mechanisches Hilfsmittel zum leichteren Erkennen der Tautologie, wo sie kompliziert ist.


{{ParTLPde|6.1263}} Es wäre ja auch zu merkwürdig, wenn man einen sinnvollen Satz {{nowrap|l o g i s c h}} aus anderen beweisen könnte, und einen logischen Satz {{nowrap|a u c h}}. Es ist von vornherein klar, dass der logische Beweis eines sinnvollen Satzes und der Beweis {{nowrap|i n}} der Logik zwei ganz verschiedene Dinge sein müssen.
{{ParTLPde|6.1263}} Es wäre ja auch zu merkwürdig, wenn man einen sinnvollen Satz {{spaced text|logisch}} aus anderen beweisen könnte, und einen logischen Satz {{spaced text|auch}}. Es ist von vornherein klar, dass der logische Beweis eines sinnvollen Satzes und der Beweis {{spaced text|in}} der Logik zwei ganz verschiedene Dinge sein müssen.


{{ParTLPde|6.1264}} Der sinnvolle Satz sagt etwas aus, und sein Beweis zeigt, dass es so ist; in der Logik ist jeder Satz die Form eines Beweises.
{{ParTLPde|6.1264}} Der sinnvolle Satz sagt etwas aus, und sein Beweis zeigt, dass es so ist; in der Logik ist jeder Satz die Form eines Beweises.
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{{ParTLPde|6.2321}} Und, dass die Sätze der Mathematik bewiesen werden können, heisst ja nichts anderes, als dass ihre Richtigkeit einzusehen ist, ohne dass das, was sie ausdrücken, selbst mit den Tatsachen auf seine Richtigkeit hin verglichen werden muss.
{{ParTLPde|6.2321}} Und, dass die Sätze der Mathematik bewiesen werden können, heisst ja nichts anderes, als dass ihre Richtigkeit einzusehen ist, ohne dass das, was sie ausdrücken, selbst mit den Tatsachen auf seine Richtigkeit hin verglichen werden muss.


{{ParTLPde|6.2322}} Die Identität der Bedeutung zweier Ausdrücke lässt sich nicht {{nowrap|b e h a u p t e n}}. Denn um etwas von ihrer Bedeutung behaupten zu können, muss ich ihre Bedeutung kennen: und indem ich ihre Bedeutung kenne, weiss ich, ob sie dasselbe oder verschiedenes bedeuten.
{{ParTLPde|6.2322}} Die Identität der Bedeutung zweier Ausdrücke lässt sich nicht {{spaced text|behaupten}}. Denn um etwas von ihrer Bedeutung behaupten zu können, muss ich ihre Bedeutung kennen: und indem ich ihre Bedeutung kenne, weiss ich, ob sie dasselbe oder verschiedenes bedeuten.


{{ParTLPde|6.2323}} Die Gleichung kennzeichnet nur den Standpunkt, von welchem ich die beiden Ausdrücke betrachte, nämlich vom Standpunkte ihrer Bedeutungsgleichheit.
{{ParTLPde|6.2323}} Die Gleichung kennzeichnet nur den Standpunkt, von welchem ich die beiden Ausdrücke betrachte, nämlich vom Standpunkte ihrer Bedeutungsgleichheit.
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{{ParTLPde|6.233}} Die Frage, ob man zur Lösung der mathematischen Probleme die Anschauung brauche, muss dahin beantwortet werden, dass eben die Sprache hier die nötige Anschauung liefert.
{{ParTLPde|6.233}} Die Frage, ob man zur Lösung der mathematischen Probleme die Anschauung brauche, muss dahin beantwortet werden, dass eben die Sprache hier die nötige Anschauung liefert.


{{ParTLPde|6.2331}} Der Vorgang des {{nowrap|R e ch n e n s}} vermittelt eben diese Anschauung.
{{ParTLPde|6.2331}} Der Vorgang des {{spaced text|Rechnens}} vermittelt eben diese Anschauung.


Die Rechnung ist kein Experiment.
Die Rechnung ist kein Experiment.
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<p style="text-align:center;"><math>(\Omega ' \Omega)^{\prime} (\Omega ' \Omega)^{\prime} x = \Omega ' \Omega ' \Omega ' \Omega ' x = \Omega^{1 + 1 + 1 + 1 \prime} x = \Omega^{4 \prime} x</math></p>
<p style="text-align:center;"><math>(\Omega ' \Omega)^{\prime} (\Omega ' \Omega)^{\prime} x = \Omega ' \Omega ' \Omega ' \Omega ' x = \Omega^{1 + 1 + 1 + 1 \prime} x = \Omega^{4 \prime} x</math></p>


{{ParTLPde|6.3}} Die Erforschung der Logik bedeutet die Erforschung {{nowrap|a l l e r}}&nbsp; {{nowrap|G e s e t z m ä s s i g k e i t}}. Und ausserhalb der Logik ist alles Zufall.
{{ParTLPde|6.3}} Die Erforschung der Logik bedeutet die Erforschung {{spaced text|aller}}&nbsp; {{spaced text|Gesetzmässigkeit}}. Und ausserhalb der Logik ist alles Zufall.


{{ParTLPde|6.31}} Das sogenannte Gesetz der Induktion kann jedenfalls kein logisches Gesetz sein, denn es ist offenbar ein sinnvoller Satz. – Und darum kann es auch kein Gesetz a priori sein.
{{ParTLPde|6.31}} Das sogenannte Gesetz der Induktion kann jedenfalls kein logisches Gesetz sein, denn es ist offenbar ein sinnvoller Satz. – Und darum kann es auch kein Gesetz a priori sein.
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{{ParTLPde|6.321}} „Kausalitätsgesetz“, das ist ein Gattungsname. Und wie es in der Mechanik, sagen wir, Minimum-Gesetze gibt, – etwa der kleinsten Wirkung – so gibt es in der Physik Kausalitätsgesetze, Gesetze von der Kausalitätsform.
{{ParTLPde|6.321}} „Kausalitätsgesetz“, das ist ein Gattungsname. Und wie es in der Mechanik, sagen wir, Minimum-Gesetze gibt, – etwa der kleinsten Wirkung – so gibt es in der Physik Kausalitätsgesetze, Gesetze von der Kausalitätsform.


{{ParTLPde|6.3211}} Man hat ja auch davon eine Ahnung gehabt, dass es {{nowrap|e i n}} „Gesetz der kleinsten Wirkung“ geben müsse, ehe man genau wusste, wie es lautete. (Hier, wie immer, stellt sich das a priori Gewisse als etwas rein Logisches heraus.)
{{ParTLPde|6.3211}} Man hat ja auch davon eine Ahnung gehabt, dass es {{spaced text|ein}} „Gesetz der kleinsten Wirkung“ geben müsse, ehe man genau wusste, wie es lautete. (Hier, wie immer, stellt sich das a priori Gewisse als etwas rein Logisches heraus.)


{{ParTLPde|6.33}} Wir {{nowrap|g l a u b e n}} nicht a priori an ein Erhaltungsgesetz, sondern wir {{nowrap|w i s s e n}} a priori die Möglichkeit einer logischen Form.
{{ParTLPde|6.33}} Wir {{spaced text|glauben}} nicht a priori an ein Erhaltungsgesetz, sondern wir {{spaced text|wissen}} a priori die Möglichkeit einer logischen Form.


{{ParTLPde|6.34}} Alle jene Sätze, wie der Satz vom Grunde, von der Kontinuität in der Natur, vom kleinsten Aufwande in der Natur etc. etc., alle diese sind Einsichten a priori über die mögliche Formgebung der Sätze der Wissenschaft.
{{ParTLPde|6.34}} Alle jene Sätze, wie der Satz vom Grunde, von der Kontinuität in der Natur, vom kleinsten Aufwande in der Natur etc. etc., alle diese sind Einsichten a priori über die mögliche Formgebung der Sätze der Wissenschaft.


{{ParTLPde|6.341}} Die Newtonsche Mechanik z. B. bringt die Weltbeschreibung auf eine einheitliche Form. Denken wir uns eine weisse Fläche, auf der unregelmässige schwarze Flecken wären. Wir sagen nun: Was für ein Bild immer hierdurch entsteht, immer kann ich seiner Beschreibung beliebig nahe kommen, indem ich die Fläche mit einem entsprechend feinen quadratischen Netzwerk bedecke und nun von jedem Quadrat sage, dass es weiss oder schwarz ist. Ich werde auf diese Weise die Beschreibung der Fläche auf eine einheitliche Form gebracht haben. Diese Form ist beliebig, denn ich hätte mit dem gleichen Erfolge ein Netz aus dreieckigen oder sechseckigen Maschen verwenden können. Es kann sein, dass die Beschreibung mit Hilfe eines Dreiecks-Netzes einfacher geworden wäre; das heisst, dass wir die Fläche mit einem gröberen Dreiecks-Netz genauer beschreiben könnten, als mit einem feineren quadratischen (oder umgekehrt) usw. Den verschiedenen Netzen entsprechen verschiedene Systeme der Weltbeschreibung. Die Mechanik bestimmt eine Form der Weltbeschreibung, indem sie sagt: Alle Sätze der Weltbeschreibung müssen aus einer Anzahl gegebener Sätze – den mechanischen Axiomen – auf eine gegebene Art und Weise erhalten werden. Hierdurch liefert sie die Bausteine zum Bau des wissenschaftlichen Gebäudes und sagt: Welches Gebäude immer du aufführen willst, jedes musst du irgendwie mit diesen und nur diesen Bausteinen zusammenbringen.
{{ParTLPde|6.341}} Die Newtonsche Mechanik z. B. bringt die Weltbeschreibung auf eine einheitliche Form. Denken wir uns eine weisse Fläche, auf der unregelmässige schwarze Flecken wären. Wir sagen nun: Was für ein Bild immer hierdurch entsteht, immer kann ich seiner Beschreibung beliebig nahe kommen, indem ich die Fläche mit einem entsprechend feinen quadratischen Netzwerk bedecke und nun von jedem Quadrat sage, dass es weiss oder schwarz ist. Ich werde auf diese Weise die Beschreibung der Fläche auf eine einheitliche Form gebracht haben. Diese Form ist beliebig, denn ich hätte mit dem gleichen Erfolge ein Netz aus dreieckigen oder sechseckigen Maschen verwenden können. Es kann sein, dass die Beschreibung mit Hilfe eines Dreiecks-Netzes einfacher geworden wäre; das heisst, dass wir die Fläche mit einem gröberen Dreiecks-Netz genauer beschreiben könnten, als mit einem feineren quadratischen (oder umgekehrt) u. s. w. Den verschiedenen Netzen entsprechen verschiedene Systeme der Weltbeschreibung. Die Mechanik bestimmt eine Form der Weltbeschreibung, indem sie sagt: Alle Sätze der Weltbeschreibung müssen aus einer Anzahl gegebener Sätze – den mechanischen Axiomen – auf eine gegebene Art und Weise erhalten werden. Hierdurch liefert sie die Bausteine zum Bau des wissenschaftlichen Gebäudes und sagt: Welches Gebäude immer du aufführen willst, jedes musst du irgendwie mit diesen und nur diesen Bausteinen zusammenbringen.


(Wie man mit dem Zahlensystem jede beliebige Anzahl, so muss man mit dem System der Mechanik jeden beliebigen Satz der Physik hinschreiben können.)
(Wie man mit dem Zahlensystem jede beliebige Anzahl, so muss man mit dem System der Mechanik jeden beliebigen Satz der Physik hinschreiben können.)


{{ParTLPde|6.342}} Und nun sehen wir die gegenseitige Stellung von Logik und Mechanik. (Man könnte das Netz auch aus verschiedenartigen Figuren etwa aus Dreiecken und Sechsecken bestehen lassen.) Dass sich ein Bild, wie das vorhin erwähnte, durch ein Netz von gegebener Form beschreiben lässt, sagt über das Bild {{nowrap|n i c h t s}} aus. (Denn dies gilt für jedes Bild dieser Art.) {{nowrap|D a s}} aber charakterisiert das Bild, dass es sich durch ein bestimmtes Netz von {{nowrap|b e s t i m m t e r}} Feinheit {{nowrap|v o l l s t ä n d i g}} beschreiben lässt.
{{ParTLPde|6.342}} Und nun sehen wir die gegenseitige Stellung von Logik und Mechanik. (Man könnte das Netz auch aus verschiedenartigen Figuren etwa aus Dreiecken und Sechsecken bestehen lassen.) Dass sich ein Bild, wie das vorhin erwähnte, durch ein Netz von gegebener Form beschreiben lässt, sagt über das Bild {{spaced text|nichts}} aus. (Denn dies gilt für jedes Bild dieser Art.) {{spaced text|Das}} aber charakterisiert das Bild, dass es sich durch ein bestimmtes Netz von {{spaced text|bestimmter}} Feinheit {{spaced text|vollständig}} beschreiben lässt.


So auch sagt es nichts über die Welt aus, dass sie sich durch die Newtonsche Mechanik beschreiben lässt; wohl aber, dass sie sich {{nowrap|s o}} durch jene beschreiben lässt, wie dies eben der Fall ist. Auch das sagt etwas über die Welt, dass sie sich durch die eine Mechanik einfacher beschreiben lässt, als durch die andere.
So auch sagt es nichts über die Welt aus, dass sie sich durch die Newtonsche Mechanik beschreiben lässt; wohl aber, dass sie sich {{spaced text|so}} durch jene beschreiben lässt, wie dies eben der Fall ist. Auch das sagt etwas über die Welt, dass sie sich durch die eine Mechanik einfacher beschreiben lässt, als durch die andere.


{{ParTLPde|6.343}} Die Mechanik ist ein Versuch, alle {{nowrap|w a h r e n}} Sätze, die wir zur Weltbeschreibung brauchen, nach Einem Plane zu konstruieren.
{{ParTLPde|6.343}} Die Mechanik ist ein Versuch, alle {{spaced text|wahren}} Sätze, die wir zur Weltbeschreibung brauchen, nach Einem Plane zu konstruieren.


{{ParTLPde|6.3431}} Durch den ganzen logischen Apparat hindurch sprechen die physikalischen Gesetze doch von den Gegenständen der Welt.
{{ParTLPde|6.3431}} Durch den ganzen logischen Apparat hindurch sprechen die physikalischen Gesetze doch von den Gegenständen der Welt.


{{ParTLPde|6.3432}} Wir dürfen nicht vergessen, dass die Weltbeschreibung durch die Mechanik immer die ganz allgemeine ist. Es ist in ihr z. B. nie von {{nowrap|b e s t i m m t e n}} materiellen Punkten die Rede, sondern immer nur von {{nowrap|i r g e n d w e l c h e n}}.
{{ParTLPde|6.3432}} Wir dürfen nicht vergessen, dass die Weltbeschreibung durch die Mechanik immer die ganz allgemeine ist. Es ist in ihr z. B. nie von {{spaced text|bestimmten}} materiellen Punkten die Rede, sondern immer nur von {{spaced text|irgendwelchen}}.


{{ParTLPde|6.35}} Obwohl die Flecke in unserem Bild geometrische Figuren sind, so kann doch selbstverständlich die Geometrie gar nichts über ihre tatsächliche Form und Lage sagen. Das Netz aber ist {{nowrap|r e i n}} geometrisch, alle seine Eigenschaften können a priori angegeben werden.
{{ParTLPde|6.35}} Obwohl die Flecke in unserem Bild geometrische Figuren sind, so kann doch selbstverständlich die Geometrie gar nichts über ihre tatsächliche Form und Lage sagen. Das Netz aber ist {{spaced text|rein}} geometrisch, alle seine Eigenschaften können a priori angegeben werden.


Gesetze, wie der Satz vom Grunde, etc., handeln vom Netz, nicht von dem, was das Netz beschreibt.
Gesetze, wie der Satz vom Grunde, etc., handeln vom Netz, nicht von dem, was das Netz beschreibt.
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Aber freilich kann man das nicht sagen: es zeigt sich.
Aber freilich kann man das nicht sagen: es zeigt sich.


{{ParTLPde|6.361}} In der Ausdrucksweise Hertz’s könnte man sagen: Nur {{nowrap|g e s e t z m ä s s i g e}} Zusammenhänge sind {{nowrap|d e n k b a r}}.
{{ParTLPde|6.361}} In der Ausdrucksweise Hertz’s könnte man sagen: Nur {{spaced text|gesetzmässige}} Zusammenhänge sind {{spaced text|denkbar}}.


{{ParTLPde|6.3611}} Wir können keinen Vorgang mit dem „Ablauf der Zeit“ vergleichen – diesen gibt es nicht –, sondern nur mit einem anderen Vorgang (etwa mit dem Gang des Chronometers).
{{ParTLPde|6.3611}} Wir können keinen Vorgang mit dem „Ablauf der Zeit“ vergleichen – diesen gibt es nicht –, sondern nur mit einem anderen Vorgang (etwa mit dem Gang des Chronometers).
Line 1,791: Line 1,791:
Daher ist die Beschreibung des zeitlichen Verlaufs nur so möglich, dass wir uns auf einen anderen Vorgang stützen.
Daher ist die Beschreibung des zeitlichen Verlaufs nur so möglich, dass wir uns auf einen anderen Vorgang stützen.


Ganz Analoges gilt für den Raum. Wo man z. B. sagt, es könne keines von zwei Ereignissen (die sich gegenseitig ausschliessen) eintreten, weil {{nowrap|k e i n e}}&nbsp; {{nowrap|U r s a c h e}} vorhanden sei, warum das eine eher als das andere eintreten solle, da handelt es sich in Wirklichkeit darum, dass man gar nicht {{nowrap|e i n e s}} der beiden Ereignisse beschreiben kann, wenn nicht irgend eine Asymmetrie vorhanden ist. Und {{nowrap|w e n n}} eine solche Asymmetrie vorhanden {{nowrap|i s t}}, so können wir diese als {{nowrap|U r s a c h e}} des Eintreffens des einen und Nicht-Eintreffens des anderen auffassen.
Ganz Analoges gilt für den Raum. Wo man z. B. sagt, es könne keines von zwei Ereignissen (die sich gegenseitig ausschliessen) eintreten, weil {{spaced text|keine}}&nbsp; {{spaced text|Ursache}} vorhanden sei, warum das eine eher als das andere eintreten solle, da handelt es sich in Wirklichkeit darum, dass man gar nicht {{spaced text|eines}} der beiden Ereignisse beschreiben kann, wenn nicht irgend eine Asymmetrie vorhanden ist. Und {{spaced text|wenn}} eine solche Asymmetrie vorhanden {{spaced text|ist}}, so können wir diese als {{spaced text|Ursache}} des Eintreffens des einen und Nicht-Eintreffens des anderen auffassen.


{{ParTLPde|6.36111}} Das Kant’sche Problem von der rechten und linken Hand, die man nicht zur Deckung bringen kann, besteht schon in der Ebene, ja im eindimensionalen Raum, wo die beiden kongruenten Figuren ''a'' und ''b'' auch nicht zur Deckung gebracht werden können, ohne aus diesem Raum herausbewegt zu werden. Rechte und linke Hand sind tatsächlich vollkommen kongruent. Und dass man sie nicht zur Deckung bringen kann, hat damit nichts zu tun.
{{ParTLPde|6.36111}} Das Kant’sche Problem von der rechten und linken Hand, die man nicht zur Deckung bringen kann, besteht schon in der Ebene, ja im eindimensionalen Raum, wo die beiden kongruenten Figuren ''a'' und ''b'' auch nicht zur Deckung gebracht werden können, ohne aus diesem Raum herausbewegt zu werden. Rechte und linke Hand sind tatsächlich vollkommen kongruent. Und dass man sie nicht zur Deckung bringen kann, hat damit nichts zu tun.
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{{ParTLPde|6.362}} Was sich beschreiben lässt, das kann auch geschehen, und was das Kausalitätsgesetz ausschliessen soll, das lässt sich auch nicht beschreiben.
{{ParTLPde|6.362}} Was sich beschreiben lässt, das kann auch geschehen, und was das Kausalitätsgesetz ausschliessen soll, das lässt sich auch nicht beschreiben.


{{ParTLPde|6.363}} Der Vorgang der Induktion besteht darin, dass wir das {{nowrap|e i n f a c h s t e}} Gesetz annehmen, das mit unseren Erfahrungen in Einklang zu bringen ist.
{{ParTLPde|6.363}} Der Vorgang der Induktion besteht darin, dass wir das {{spaced text|einfachste}} Gesetz annehmen, das mit unseren Erfahrungen in Einklang zu bringen ist.


{{ParTLPde|6.3631}} Dieser Vorgang hat aber keine logische, sondern nur eine psychologische Begründung.
{{ParTLPde|6.3631}} Dieser Vorgang hat aber keine logische, sondern nur eine psychologische Begründung.
Line 1,807: Line 1,807:
Es ist klar, dass kein Grund vorhanden ist, zu glauben, es werde nun auch wirklich der einfachste Fall eintreten.
Es ist klar, dass kein Grund vorhanden ist, zu glauben, es werde nun auch wirklich der einfachste Fall eintreten.


{{ParTLPde|6.36311}} Dass die Sonne morgen aufgehen wird, ist eine Hypothese; und das heisst: wir {{nowrap|w i s s e n}} nicht, ob sie aufgehen wird.
{{ParTLPde|6.36311}} Dass die Sonne morgen aufgehen wird, ist eine Hypothese; und das heisst: wir {{spaced text|wissen}} nicht, ob sie aufgehen wird.


{{ParTLPde|6.37}} Einen Zwang, nach dem Eines geschehen müsste, weil etwas anderes geschehen ist, gibt es nicht. Es gibt nur eine {{nowrap|l o g i s c h e}} Notwendigkeit.
{{ParTLPde|6.37}} Einen Zwang, nach dem Eines geschehen müsste, weil etwas anderes geschehen ist, gibt es nicht. Es gibt nur eine {{spaced text|logische}} Notwendigkeit.


{{ParTLPde|6.371}} Der ganzen modernen Weltanschauung liegt die Täuschung zugrunde, dass die sogenannten Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen seien.
{{ParTLPde|6.371}} Der ganzen modernen Weltanschauung liegt die Täuschung zugrunde, dass die sogenannten Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen seien.
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{{ParTLPde|6.372}} So bleiben sie bei den Naturgesetzen als bei etwas Unantastbarem stehen, wie die älteren bei Gott und dem Schicksal.
{{ParTLPde|6.372}} So bleiben sie bei den Naturgesetzen als bei etwas Unantastbarem stehen, wie die älteren bei Gott und dem Schicksal.


Und sie haben ja beide Recht, und Unrecht. Die Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluss anerkennen, während es bei dem neuen System scheinen soll, als sei {{nowrap|a l l e s}} erklärt.
Und sie haben ja beide Recht, und Unrecht. Die Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluss anerkennen, während es bei dem neuen System scheinen soll, als sei {{spaced text|alles}} erklärt.


{{ParTLPde|6.373}} Die Welt ist unabhängig von meinem Willen.
{{ParTLPde|6.373}} Die Welt ist unabhängig von meinem Willen.


{{ParTLPde|6.374}} Auch wenn alles, was wir wünschen, geschähe, so wäre dies doch nur, sozusagen, eine Gnade des Schicksals, denn es ist kein {{nowrap|l o g i s c h e r}} Zusammenhang zwischen Willen und Welt, der dies verbürgte, und den angenommenen physikalischen Zusammenhang könnten wir doch nicht selbst wieder wollen.
{{ParTLPde|6.374}} Auch wenn alles, was wir wünschen, geschähe, so wäre dies doch nur, sozusagen, eine Gnade des Schicksals, denn es ist kein {{spaced text|logischer}} Zusammenhang zwischen Willen und Welt, der dies verbürgte, und den angenommenen physikalischen Zusammenhang könnten wir doch nicht selbst wieder wollen.


{{ParTLPde|6.375}} Wie es nur eine {{nowrap|l o g i s c h e}} Notwendigkeit gibt, so gibt es auch nur eine {{nowrap|l o g i s c h e}} Unmöglichkeit.
{{ParTLPde|6.375}} Wie es nur eine {{spaced text|logische}} Notwendigkeit gibt, so gibt es auch nur eine {{spaced text|logische}} Unmöglichkeit.


{{ParTLPde|6.3751}} Dass z. B. zwei Farben zugleich an einem Ort des Gesichtsfeldes sind, ist unmöglich und zwar logisch unmöglich, denn es ist durch die logische Struktur der Farbe ausgeschlossen.
{{ParTLPde|6.3751}} Dass z. B. zwei Farben zugleich an einem Ort des Gesichtsfeldes sind, ist unmöglich und zwar logisch unmöglich, denn es ist durch die logische Struktur der Farbe ausgeschlossen.
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{{ParTLPde|6.4}} Alle Sätze sind gleichwertig.
{{ParTLPde|6.4}} Alle Sätze sind gleichwertig.


{{ParTLPde|6.41}} Der Sinn der Welt muss ausserhalb ihrer liegen. In der Welt ist alles wie es ist und geschieht alles wie es geschieht; es gibt {{nowrap|i n}} ihr keinen Wert – und wenn es ihn gäbe, so hätte er keinen Wert.
{{ParTLPde|6.41}} Der Sinn der Welt muss ausserhalb ihrer liegen. In der Welt ist alles wie es ist und geschieht alles wie es geschieht; es gibt {{spaced text|in}} ihr keinen Wert – und wenn es ihn gäbe, so hätte er keinen Wert.


Wenn es einen Wert gibt, der Wert hat, so muss er ausserhalb alles Geschehens und So-Seins liegen. Denn alles Geschehen und So-Sein ist zufällig.
Wenn es einen Wert gibt, der Wert hat, so muss er ausserhalb alles Geschehens und So-Seins liegen. Denn alles Geschehen und So-Sein ist zufällig.


Was es nicht-zufällig macht, kann nicht {{nowrap|i n}} der Welt liegen, denn sonst wäre dies wieder zufällig.
Was es nicht-zufällig macht, kann nicht {{spaced text|in}} der Welt liegen, denn sonst wäre dies wieder zufällig.


Es muss ausserhalb der Welt liegen.
Es muss ausserhalb der Welt liegen.
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(Ethik und Aesthetik sind Eins.)
(Ethik und Aesthetik sind Eins.)


{{ParTLPde|6.422}} Der erste Gedanke bei der Aufstellung eines ethischen Gesetzes von der Form „du sollst ''. . . .''“ ist: Und was dann, wenn ich es nicht tue? Es ist aber klar, dass die Ethik nichts mit Strafe und Lohn im gewöhnlichen Sinne zu tun hat. Also muss diese Frage nach den {{nowrap|F o l g e n}} einer Handlung belanglos sein. – Zum Mindesten dürfen diese Folgen nicht Ereignisse sein. Denn etwas muss doch an jener Fragestellung richtig sein. Es muss zwar eine Art von ethischem Lohn und ethischer Strafe geben, aber diese müssen in der Handlung selbst liegen.
{{ParTLPde|6.422}} Der erste Gedanke bei der Aufstellung eines ethischen Gesetzes von der Form „du sollst ''. . . .''“ ist: Und was dann, wenn ich es nicht tue? Es ist aber klar, dass die Ethik nichts mit Strafe und Lohn im gewöhnlichen Sinne zu tun hat. Also muss diese Frage nach den {{spaced text|Folgen}} einer Handlung belanglos sein. – Zum Mindesten dürfen diese Folgen nicht Ereignisse sein. Denn etwas muss doch an jener Fragestellung richtig sein. Es muss zwar eine Art von ethischem Lohn und ethischer Strafe geben, aber diese müssen in der Handlung selbst liegen.


(Und das ist auch klar, dass der Lohn etwas Angenehmes, die Strafe etwas Unangenehmes sein muss.)
(Und das ist auch klar, dass der Lohn etwas Angenehmes, die Strafe etwas Unangenehmes sein muss.)
Line 1,867: Line 1,867:
Unser Leben ist ebenso endlos, wie unser Gesichtsfeld grenzenlos ist.
Unser Leben ist ebenso endlos, wie unser Gesichtsfeld grenzenlos ist.


{{ParTLPde|6.4312}} Die zeitliche Unsterblichkeit der Seele des Menschen, das heisst also ihr ewiges Fortleben auch nach dem Tode, ist nicht nur auf keine Weise verbürgt, sondern vor allem leistet diese Annahme gar nicht das, was man immer mit ihr erreichen wollte. Wird denn dadurch ein Rätsel gelöst, dass ich ewig fortlebe? Ist denn dieses ewige Leben dann nicht ebenso rätselhaft wie das gegenwärtige? Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt {{nowrap|a u s s e r h a l b}} von Raum und Zeit.
{{ParTLPde|6.4312}} Die zeitliche Unsterblichkeit der Seele des Menschen, das heisst also ihr ewiges Fortleben auch nach dem Tode, ist nicht nur auf keine Weise verbürgt, sondern vor allem leistet diese Annahme gar nicht das, was man immer mit ihr erreichen wollte. Wird denn dadurch ein Rätsel gelöst, dass ich ewig fortlebe? Ist denn dieses ewige Leben dann nicht ebenso rätselhaft wie das gegenwärtige? Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt {{spaced text|ausserhalb}} von Raum und Zeit.


(Nicht Probleme der Naturwissenschaft sind ja zu lösen.)
(Nicht Probleme der Naturwissenschaft sind ja zu lösen.)


{{ParTLPde|6.432}} {{nowrap|W i e}} die Welt ist, ist für das Höhere vollkommen gleichgültig. Gott offenbart sich nicht {{nowrap|i n}} der Welt.
{{ParTLPde|6.432}} {{spaced text|Wie}} die Welt ist, ist für das Höhere vollkommen gleichgültig. Gott offenbart sich nicht {{spaced text|in}} der Welt.


{{ParTLPde|6.4321}} Die Tatsachen gehören alle nur zur Aufgabe, nicht zur Lösung.
{{ParTLPde|6.4321}} Die Tatsachen gehören alle nur zur Aufgabe, nicht zur Lösung.


{{ParTLPde|6.44}} Nicht {{nowrap|w i e}} die Welt ist, ist das Mystische, sondern {{nowrap|d a s s}} sie ist.
{{ParTLPde|6.44}} Nicht {{spaced text|wie}} die Welt ist, ist das Mystische, sondern {{spaced text|dass}} sie ist.


{{ParTLPde|6.45}} Die Anschauung der Welt sub specie aeterni ist ihre Anschauung als – begrenztes – Ganzes.
{{ParTLPde|6.45}} Die Anschauung der Welt sub specie aeterni ist ihre Anschauung als – begrenztes – Ganzes.
Line 1,883: Line 1,883:
{{ParTLPde|6.5}} Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen.
{{ParTLPde|6.5}} Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen.


{{nowrap|D a s}} {{nowrap|R ä t s e l}} gibt es nicht.
{{spaced text|Das}}&nsbp; {{spaced text|Rätsel}} gibt es nicht.


Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so {{nowrap|k a n n}} sie auch beantwortet werden.
Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so {{spaced text|kann}} sie auch beantwortet werden.


{{ParTLPde|6.51}} Skeptizismus ist {{nowrap|n i c h t}} unwiderleglich, sondern offenbar unsinnig, wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann.
{{ParTLPde|6.51}} Skeptizismus ist {{spaced text|nicht}} unwiderleglich, sondern offenbar unsinnig, wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann.


Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage nur, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas {{nowrap|g e s a g t}} werden {{nowrap|k a n n}}.
Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage nur, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas {{spaced text|gesagt}} werden {{spaced text|kann}}.


{{ParTLPde|6.52}} Wir fühlen, dass selbst, wenn alle {{nowrap|m ö g l i c h e n}} wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.
{{ParTLPde|6.52}} Wir fühlen, dass selbst, wenn alle {{spaced text|möglichen}} wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.


{{ParTLPde|6.521}} Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems.
{{ParTLPde|6.521}} Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems.
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(Ist nicht dies der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand.)
(Ist nicht dies der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand.)


{{ParTLPde|6.522}} Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies {{nowrap|z e i g t}} sich, es ist das Mystische.
{{ParTLPde|6.522}} Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies {{spaced text|zeigt}} sich, es ist das Mystische.


{{ParTLPde|6.53}} Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft – also etwas, was mit Philosophie nichts zu tun hat –, und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend – er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten – aber {{nowrap|s i e}} wäre die einzig streng richtige.
{{ParTLPde|6.53}} Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft – also etwas, was mit Philosophie nichts zu tun hat –, und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend – er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten – aber {{spaced text|sie}} wäre die einzig streng richtige.


{{ParTLPde|6.54}} Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)
{{ParTLPde|6.54}} Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)