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Die Sprachspiele, die diese Begriffe verwenden, sind grundver. schieden,—hängen aber zusammen.
Die Sprachspiele, die diese Begriffe verwenden, sind grundver. schieden,—hängen aber zusammen.
626. Unterschied: 'trachten, etwas zu sehen' und 'trachten, sich etwas vorzustellen'. Im ersten Fall sagt man etwa "Schau genau hin!", im zweiten "Schließ die Augen!"
627. Weil das Vorstellen eine Willenshandlung ist, unterrichtet es uns eben nicht über die Außenwelt.
628. Das Vorgestellte nicht im gleichen ''Raum'' wie das Geschene. Sehen ist mit Schauen verbunden.
629. "Sehen und Vorstellen sind verschiedene Phänomene."—Die Wörter "sehen" und "vorstellen" haben verschieden Bedeutung! Ihre Bedeutungen beziehen sich auf eine Menge wichtiger Arten und Weisen menschlichen Verhaltens, auf Phänomene des menschlichen Lebens.
630. Sag dir wieder, wenn einer darauf besteht, was er "Gesichtsvorstellung" nennt, sei ähnlich dem Gesichtseindruck: daß er sich vielleicht irrt! Oder: Wie, wenn er sich darin irrte? Das heißt: Was weißt du von der Ähnlichkeit seines Gesichtseindrucks und seiner Gesichtsvorstellung?! (Ich rede vom Andern, weil, was von ihm gilt, auch von mir gilt.)
Was weißt du also von dieser Ähnlichkeit? Sie äußert sich nur in den Ausdrücken, die er zu gebrauchen geneigt ist; nicht in dem, was er mit diesen Ausdrücken sagt.
631. "Es ist gar kein Zweifel: die Gesichtsvorstellung und der Gesichtseindruck sind von derselben Art!" Das mußt du aus deiner eigenen Erfahrung wissen, und dann ist es also etwas, was für dich stimmen mag und für andere nicht. (Und das gilt natürlich auch für mich, wenn ''ich'' es sage.)
632. Wenn wir uns etwas vorstellen, beobachten wir nicht. Daß die Bilder kommen und vergehen, ''geschieht'' uns nicht. Wir sind nicht überrascht von diesen Bildern und sagen "Sieh da!..." (Gegensatz z. B. zu den Nachbildern.)
633. Wir 'verscheuchen' nicht Gesichtseindrücke, aber Vorstellungen. Und wir sagen von jenen auch nicht, wir könnten sie ''nicht'' verscheuchen.
634. Wenn Einer wirklich sagte "Ich weiß nicht, sehe ich jetzt einen Baum, oder stelle ich mir einen vor", so würde ich zunächst glauben, er meine: "oder bilde ich mir nur ein, es stehe dort einer". Meint er das nicht, so könnte ich ihn überhaupt nicht verstehen—wollte mir aber jemand diesen Fall erklären und sagte "Er hat eben so außergewöhnlich lebhafte Vorstellungen, daß er sie für Sinneseindrücke halten kann"—verstünde ich es jetzt?
635. Muß man aber hier unterscheiden: (a) mir das Gesicht eines Freundes z. B. vorstellen, aber nicht in dem Raum, der mich umgibt—(b) mir an dieser Wand dort ein Bild vorstellen?
Man könnte auf die Aufforderung "Stell dir dort drüben cinen runden Fleck vor" sich einbilden, wirklich einen dort zu sehen.
636. Das 'Vorstellungsbild' tritt nicht dort ins Sprachspiel ein, wo man es vermuten möchte.
637. Ich lerne den Begriff 'sehen' mit dem Beschreiben dessen, was ich sehe. Ich lerne beobachten und das Beobachtete beschreiben. Ich lerne den Begriff 'vorstellen' in einer andern Verbindung. Die Beschreibungen des Gesehenen und des Vorgestellten sind allerdings von derselben Art, und eine Beschreibung könnte sowohl das Eine wie auch das Andere sein; aber sonst sind die Begriffe durchaus verschieden. Der Begriff des Vorstellens ist eher wie der eines Tuns, als eines Empfangens. Das Vorstellen könnte man einen schöpferischen Akt nennen. (Und nennt es ja auch so.)
638. "Ja, aber die Vorstellung selbst, so wie der Gesichtseindruck ist doch das innere Bild, und ''du'' redest nur von den Verschiedenheiten der Erzeugung, Entstehung. Behandlung des Bildes." Die Vorstellung ist nicht ein Bild, noch ist der Gesichtseindruck eines. Weder 'Vorstellung' noch 'Eindruck' ist ein Bildbegriff, obwohl in beiden Fällen ein Zusammenhang mit einem Bild statt hat, und jedes Mal ein anderer.
639. Was ''nennst'' du "Erlebnisinhalt" des Sehens, was "Erlebnisinhalt" der Vorstellung?
640. "Aber könnte ich mir nicht einen Erlebnisinhalt denken von der Art der visuellen Vorstellung, aber dem Willen nicht unterworfen, in dieser Beziehung also wie der Gesichtseindruck?"
641. (Daß man nämlich die Willenshandlung des Vorstellens nicht mit der Bewegung des Körpers vergleichen kann, ist klar; denn, ob die Bewegung stattgefunden hat, das zu beurteilen sind auch Andere befähigt; während es bei der Bewegung meiner Vorstellungen immer nur darauf ankäme, was ich zu sehen behaupte, was immer irgend ein Anderer sieht. Es würden also die sich bewegenden wirklichen Gegenstände aus der Betrachtung herausfallen, da es auf sie gar nicht ankäme.)
642. Sagte man also: "Vorstellungen sind innere Bilder, ähnlich oder ganz so wie meine Gesichtseindrücke, nur meinem Willen untertan"—so hätte das vorerst noch keinen Sinn.
Denn wenn einer zu berichten gelernt hat, was er dort sieht, oder was ihm dort zu sein ''scheint'', so ist es doch nicht klar, was der Befehl bedeute, er solle jetzt ''das'' dort sehen, oder es solle ihm jetzt ''das'' dort zu sein scheinen.
643. "Durch den bloßen Willen bewegen", was heißt es? Etwa, daß die Vorstellungsbilder meinem Willen immer genau folgen, während meine zeichnende Hand, mein Bleistift, das nicht tut? Immerhin wäre es ja dann doch möglich zu sagen: "Für gewöhnlich stelle ich mir ganz genau vor, was ich will; heute ist es anders ausgefallen." Gibt es denn ein 'Mißlingen der Vorstellung'?
644. Ein Sprachspiel umfaßt ja den Gebrauch ''mehrerer'' Wörter.
645. Nichts könnte falscher sein als zu sagen, Schen und Vorstellen seien verschiedene Tätigkeiten. Das ist, als sagte man im Schach ziehen und verlieren seien verschiedene Tätigkeiten.
646. Wenn wir als Kinder die Worte "sehen", "schauen", "vorstellen" gebrauchen lernen, so spielen bei dieser Abrichtung Willenshandlungen und Befehle eine Rolle. Aber für jedes der drei Wörter eine Andere. Das Sprachspiel "Schaul" und "Stell dir .... vor!"—Wie soll ich sie nur vergleichen?—Wenn wir jemanden abrichten wollen, daß er auf den Befehl "Schau ....!" reagiert, und dazu, daß er den Befehl "Stell dir .... vor!" versteht, so müssen wir ihn doch offenbar ganz Anderes lehren. Reaktionen, die zu diesem Sprachspiel gehören, gehören zu jenem nicht. Ja, ein enger Zusammenhang der Sprachspiele ist natürlich da, aber eine Ähnlichkeit?—Stücke des einen sind Stücken des andern ähnlich, aber die ähnlichen Stücke sind nicht homolog.
647. Ich könnte mir etwas Ahnliches für wirkliche Spiele denken.
648. Ein Sprachspiel analog einem Teil eines andern. Ein Raum in begrenzte Stücke eines Raums projiziert. Ein 'löchriger' Raum. (Zu "Innen und Aussen".)
649. Denken wir uns eine Variante des Tennisspiels: es wird in die Regeln dieses Spiels die aufgenommen, der Spieler habe sich bei gewissen Spielhandlungen das und das ''vorzustellen''! (Der Zweck dieser Regel sei, das Spiel zu erschweren.) Der erste Einwand ist: man könne in diesem Spiel zu leicht schwindeln. Aber dem wird mit der Annahme begegnet, das Spiel werde nur von ehrlichen und zuverlässigen Menschen gespielt. Hier haben wir also ein Spiel mit innern Spielhandlungen.—
Welcher Art ist nun die innere Spielhandlung, worin besteht sie? Darin, daß er—der Spielregel gemäß—sich ..... vorstellt.—Könnte man aber nicht auch sagen: ''Wir wissen nicht'', welcher Art die innere Spielhandlung ist, die er der Regel gemäß ausführt; wir kennen nur ihre Äußerungen? Die innere Spielhandlung sei ein X, dessen Natur wir nicht kennen. Oder: Es gebe auch hier nur äußere Spielhandlungen: die Mitteilung der Spielregel und das, was man die 'Äußerung des innern Vorgangs' nennt.——Nun, kann man das Spiel nicht auf alle drei Arten beschreiben? Auch das mit dem 'unbekannten' X ist eine ganz mögliche Beschreibungsart. Der eine sagt, die sogenannte 'innere' Spielhandlung sei mit einer Spielhandlung im gewöhnlichen Sinne nicht vergleichbar—der Andre sagt, sie ''sei'' mit einer solchen vergleichbar—der Dritte: sie sci vergleichbar nur mit einer Handlung, die im Geheimen geschieht, und die niemand kennt, als der Handelnde.
Wichtig ist für uns, daß wir die ''Gefahren'' des Ausdrucks "innere Spielhandlung" sehen. Er ist gefährlich, weil er Verwirrung anrichtet.
650. Erinnerung: "Ich sehe uns noch an jenem Tisch sitzen".—Aber habe ich wirklich das gleiche Gesichtsbild—oder eines von denen, welche ich damals hatte? Sehe ich auch gewiß den Tisch und meinen Freund vom gleichen Gesichtspunkt wie damals, also mich selbst nicht?——Mein Erinnerungsbild ist nicht Evidenz jener vergangenen Situation; wie eine Photographie es wäre, die, damals aufgenommen, mir jetzt bezeugt, daß es damals so war. Das Erinnerungsbild und die Erinnerungsworte stehen auf ''gleicher'' Stufe.